Automatisierung Kunststoffindustrie
Plasmabehandlung profitiert von Automatisierung
Spritzgießmaschinen sind nur noch selten „Einzelkämpfer“. Gerade bei hochwertigen Massenprodukten wie lebensmitteltauglichen Behältern spielt das nachgeschaltete Handling eine wichtige Rolle. Außerdem sind immer mehr Oberflächenveredelungen erforderlich, beispielsweise Plasmabehandlungen. Um die nahtlos in die Produktion einbinden zu können, muss sie dem Takt der Spritzgießmaschine folgen. Zu- und Abfuhr der Teile ist auch im Dreischichtbetrieb sicherzustellen. Für solche Aufgaben empfehlen sich leistungsfähige elektrische Linearaktoren.
Ein erfahrener Anbieter von Anlagen zur Plamabehandlung ist das Unternehmen Isytech. Alle bewegten Teile der von ihr gebauten Anlagen müssen ölfrei und sauber sein, schließlich veredeln sie Produkte für Lebensmittel und arbeiten zugleich mit Hochspannung, die sich bekanntlich bei Verschmutzung gerne eigene Wege sucht. Die geforderten kurzen Taktzeiten erhöhen die Anforderungen weiter. Aus diesem Grund kooperiert der Plasmaspezialist mit dem Anbieter von Handlingtechnologie Parker Hannifin. Aus dessen umfangreichem Handling- und Antriebsprogramm konnten die optimalen Komponenten zusammengestellt werden. Dieses „Alles aus einer Hand Konzept“ erleichtert die Entwicklung, verkürzt die Time-to-Market Zeit und senkt die Kosten bei Ersatzteilhaltung und Wartung.
Sauber, sicher, funktional
Das Teilehanding erfordert hohe Dynamik bei geringer bewegter Produktmasse. Für Werkzeugprüfung und -wechsel sind dagegen mehrere hundert Kilogramm Werkzeugmasse aus der Anlage zu transportieren. Gelöst wurde die Aufgabe durch Verteilung der Arbeit auf zwei Handlingeinheiten. Die erste Einheit entnimmt die Behälter aus der Spritzgießmaschine und stellt sie für die Weiterbehandlung bereit. Von dort übernimmt sie ein Linien-Portal, um sie in das Plasmawerkzeug einzulegen und nach der Behandlung auf einem Förderband abzulegen.
Für das Bereitstellen der vergleichsweise leichten Kunststoffteile im Betrieb sorgt eine horizontale Doppellinear-Achse. Da das schwere Werkzeug bei Chargenwechsel, Wartung und zur Kontrolle bei Schichtbeginn ebenfalls von dieser Einheit transportiert wird, war eine spezielle Auslegung gefragt. Normalerweise lassen sich Leichtbau für dynamische Anwendungen und hohe Tragfähigkeit für schwere Lasten nur mit hohem Aufwand kombinieren. Realisiert wurde dieser Spagat durch Einsatz von zwei gekoppelten horizontalen Zahnriemeneinheiten. Als Antrieb dienen Servomotoren mit einer Untersetzung über kompakte Planetengetriebe. Dank des Baukastensystems und der parallelen Anordnung waren auch diese kombinierten Anforderungen mit Komponenten „von der Stange“ zu erfüllen. Bei Beschleunigungen von rund 20 m/s2 und bis zu 8 m/s Verfahrgeschwindigkeit ist ein maximaler Hub von 5,5 Meter mit den Zahnriemeneinheiten möglich. Bei dynamischen Einsätzen darf die Last bis 30 Kilogramm betragen, im statischen oder langsamen, quasi statischen Lastfall vertragen Lager und Führung bis 380 Kilogramm Nutzlast ohne Probleme.
Die Vorschubkraft von maximal 560 Newton je Einheit übertragen Zahnriemen vom Planetengetriebe auf den Schlitten. Die Einheit besticht durch geringe bewegte Eigenmasse. Das ermöglicht hohe Beschleunigung bei geringem Energieverbrauch. Die Kraftübertragung per Zahnriemen erlaubt den ölfreien Betrieb und die nötige Dynamik für die direkte Anbindung an die kurzen Takte der Spritzgießmaschine. Dabei ist das Gesamtsystem laut Anbieter so stabil, dass es das hohe Gewicht des Plasma-Werkzeugs bei Kontrolle oder Wechsel problemlos verkraftet, lediglich die Transportgeschwindigkeit ist dem Gewicht entsprechend angepasst. Diese Doppelfunktion wird durch die spezielle Gleitführung der Einheiten möglich. Sie vereint Leichtbau für hohe Dynamik mit statisch tragfähiger und steifer Bauweise. Wegen der Parallelschaltung der preiswerten Zahnriemeneinheiten reicht die so gebündelte Kraft und Tragfähigkeit mit hoher Sicherheit aus.
Präzision und Kraft
Für die zweite Aufgabe, die Aufnahme der bereitgestellten Kunststoffteile durch das Werkzeugoberteil des Plasmabehälters setzte Parker auf ein Y/Z-Linienportal mit überlappenden Arbeitsbereichen. Elektrozylinder mit Kugelgewindtrieben sorgen für die nötige Bewegung. Das schwere Werkzeug wird im Arbeitstakt quer zum Materialfluss bewegt. Zum Aufnehmen der Teile und Schließen des Werkzeugs bzw. zum Absetzen der fertigen Teile kommt noch die Bewegung in der Z-Achse (Höhe) hinzu. Besonders wichtig ist dabei, in allen Achsen die nötige Präzision für die Pick-and-place-Aufgabe dauerhaft zu gewährleisten.
Da je nach Produkt unterschiedliche Werkzeuge und damit unterschiedliche Verfahrpositionen nötig sind, ist eine variable Bewegungsgeometrie des Portals besonders wichtig. Auch an die Positioniergenauigkeit stellt die Anwendung hohe Ansprüche. Hier bewährt sich ebenfalls das Baukastenprinzip; durch Parallelschalten geeigneter Aktoren sind auch diese Forderungen schnell zu erfüllen. Pro Achse sind daher zwei Elektrozylinder mit je einem Meter Verfahrensweg im Einsatz. Jeder Zylinder wird über einen eigenen Servomotor angetrieben. Damit erreichen die parallel geschalteten ET50-Zylinder eine Hubkraft bis 6600 Newton, mehr als ausreichend für die dynamische Bewegung der Werkzeugoberteile samt Plastikbehältern.
Neben diesen Handlingkomponenten für die Hauptfunktion erlaubt das breit angelegte Baukastenprinzip auch die schnelle Einbindung von zusätzlichen Komponenten wie Antriebsregler mit Zubehör, Servomotoren, Planetengetriebe und fertig konfektionierte Anschluss-Kabel. Damit ist einerseits eine durchgängig gleiche Plug-and-play-Einbindung in die Steuerung gewährleistet, andererseits sind die verbauten Komponenten exakt aufeinander abgestimmt. Schon in der Entwicklung bringt das deutliche Zeiteinsparungen, die sich auch später bei Wartung und Ersatzteilbeschaffung weiter summieren. Der weltweite Service vor Ort eines großen Partners ist gerade bei Spezialmaschinen mit weiter Verbreitung bei doch oft geringen Stückzahlen pro Standort ein großer Vorteil sowohl für den Anlagenhersteller als auch für den Endkunden.
Systempartnerschaft von Anfang der Entwicklung an bringt Synergieeffekte und damit Kosteneinsparungen, die anders nur schwer zu erreichen sind. Ein großer Baukasten mit Standardkomponenten erlaubt individueller, Anlagenanforderungen kostengünstig und ohne Kompromisse in der Funktion umzusetzen. Der Anlagenhersteller kann sich so auf seine Kernkompetenz konzentrieren und spart von Anfang an erhebliche Kosten und Zeit.