Kompakte Heizungssteuerung für Kaschieranlagen als wirtschaftliche Komplettlösung

Heizen mit Hightech

Die Geometrie der Türinnenverkleidungen von Pkw wird zusehends komplexer und mit hochwertigen Materialien kaschiert. Gerade bei Premium-Fahrzeugen stellt das besonders hohe Anforderungen an die Prozesstechnik - etwa an die Heizungssteuerung, die beim Formen der 3D-Kunststoffteile eine wichtige Rolle spielt. Anlagenbauer Kiefel nutzt dafür eine besonders wirtschaftliche Lösung.

In ihren Kaschiermaschinen setzt Kiefel Quarzstrahler ein. Sie werden einzeln angesteuert, um die präzise Temperaturverteilung zur Herstellung hochwertiger Kunststoff-Innenverkleidungen für Fahrzeugtüren zu erzielen.

Ganz entscheidend lebt das Automobilinterieur von der Oberflächengestaltung. Das geschieht typischerweise durch Aufbringen hochwertiger Kaschierungen auf verschiedenen Trägermaterialien. Das Know-how dafür liegt vor allem im Beherrschen auch komplexer, dreidimensionaler Geometrien. Bei der Verarbeitung von Kunststofffolien spielt das zur Brückner-Gruppe gehörende Unternehmen Kiefel eine gewichtige Rolle: Anlagen zum Fügen und Formen von Folien arbeiten für Anwendungen unter anderem in der Medizintechnik, in der Kühlschrank- und Verpackungsindustrie - und eben im Automobilbau. Michael Lorenz, Leiter der Elektrokonstruktion Automobil bei Kiefel: "Eine unserer Stärken ist, hochwertige Materialien auf komplexe Fahrzeuggeometrien im Innenraum aufzubringen, wie man sie in Fahrzeugen der Premiumklasse kennt."

Bei der Entwicklung der stets individuell angepassten Anlagen zum passgenauen Formen der dreidimensionalen Werkstücke ist vor allem die Temperatur der entscheidende Aspekt. Die Kunststofffolien werden als Bahnenware aufgegeben und in automatischen Prozessen teilweise sehr stark verformt – beispielsweise zu Innenverkleidungen von Fahrzeugtüren. Nach dem Pressen entsprechender Trägerstrukturen in Vakuumformanlagen werden die hochwertigen Deckmaterialien in Kaschieranlagen aufgebracht und eventuell notwendige Stanzungen im gleichen Arbeitstakt erledigt.

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„Bei den äußerst komplexen Strukturen und den unterschiedlichen Deckmaterialien, die es heute zu bearbeiten gilt, ist viel Erfahrung gefragt“, betont Michael Lorenz. Und weil die Temperatur in der Serienproduktion qualitativ hochwertiger Endprodukte eine Schlüsselposition einnimmt, setzt der Experte einen klaren Fokus auf die Heizungssteuerung.

Prozesstechnik mit kleinem Toleranzfenster

In einer typischen Kaschieranlage, wie sie für das Massenmodell eines deutschen Automobilherstellers nach Südafrika, Tschechien, China und in die USA geliefert wurde, lassen sich alle vier Autotüren eines Fahrzeugs paarweise in zwei Bearbeitungsschritten herstellen. Die Ober- und Unterwerkzeuge sitzen auf drehbar gelagerten Werkzeugträgern. Ist die Folientemperatur erreicht, wird die Folie zwischen die beiden Formen gebracht und mit Vakuumunterstützung in den Werkzeugen kaschiert.

Bei einer Folien-Absoluttemperatur von etwa 170 Grad Celsius bewegt sich deren Toleranzbereich im einstelligen Bereich. Der Verformungsprozess dauert etwa 10 bis 15 Sekunden. Dann senkt eine Wasserkühlung im Unterwerkzeug die Temperatur ab. Während dieser Zeit lassen sich die Aussparungen stanzen. In dieser Anlage befinden sich zwei Formhilfen und zwei Stanzwerkzeuge. Die gesamte Taktzeit beträgt rund 40 Sekunden.

„Zum präzisen Aufheizen der Folien setzen wir in der Ober- und Unterheizung dieser Anlage Quarzstrahler ein“, erklärt Michael Lorenz. Diese benötigen zwar eine gewisse Aufheizzeit, belasten das Netz aber nicht mit hohen Einschaltströmen, wie es zum Beispiel Infrarotstrahler tun. Die Temperaturregelung übernimmt eine Simatic S7. Diese übergibt die Stellwerte an die Heizungssteuerung Siplus HCS, die die Quarzstrahler präzise ansteuert. Ihre Vorteile gegenüber einem konventionellen Aufbau aus Einzelgeräten sind laut Michael Lorenz der erheblich geringere Montageaufwand und spürbar weniger Platzbedarf.

Die Heizungssteuerung erfasst jede Halbwelle der Netzspannung und kann somit präzise den Stromfluss und damit die Temperatur regeln. Bei einer Netzfrequenz von 50 Hertz (100 Halbwellen pro Sekunde) kann also der Stellwert jedes Ausgangs prozentgenau gesteuert werden. „Das gibt uns die notwendige Flexibilität beim Aufheizen der Folien für besonders komplexe Verformungsvorgänge“, kommentiert der Konstruktionschef.

192 Heizkanäle wirtschaftlich ansteuern

In der beschriebenen Anlage kommt die Heizungssteuerung Siplus HCS716I zum Einsatz. Diese besteht aus einem Baugruppenträger, der mit bis zu zwölf Leistungsbaugruppen bestückt werden kann. Jede Leistungsbaugruppe ist in der Lage, maximal 14,7 Kilowatt zu steuern. Sie ist in verschiedenen Versionen mit bis zu 2,3 Kilowatt pro Ausgang verfügbar. Ein Baugruppenträger kann im Vollausbau maximal 192 Ausgänge mit 176 Kilowatt Gesamtleistung ansteuern. Michael Lorenz ergänzt: „Dieser Typ bietet ein besonders gutes Preis-/Leistungs-Verhältnis, weshalb wir ihn gerne in unseren Anlagen einsetzen.“

Die hohe Zahl möglicher Ausgänge ist deshalb notwendig, weil in den Kiefel-Anlagen jeder Quarzstrahler einzeln angesteuert wird. Die Kommunikation zwischen Baugruppenträger der Heizungssteuerung und der übergeordneten Steuerung geschieht über Profibus DP. Bis zu vier Baugruppenträger lassen sich je Profibus modular erweitern, was die Flexibilität der Anlagen unterstützt. Hinzu kommt: Eine im Gerät hinterlegte Steuertabelle sorgt dafür, dass alle drei Phasen im Netz möglichst gleichmäßig belastet werden. Da die Heizungssteuerung zudem immer im Nulldurchgang der Spannung schaltet, reduziert sich die Netzbelastung auf das mögliche Minimum.

Diagnosemöglichkeiten unterstützt die Qualität

Neben geringem Montageaufwand und der Platzeinsparung überzeugt Siplus HCS laut Kiefel zudem durch integrierte Diagnosefunktionen. So erkennt das System zum Beispiel Spannungsabfall, Strahlerbruch und das Auslösen von Sicherungen. Fehlt eine Phase im Drehstromnetz, erkennt das die Heizungssteuerung ebenso wie einen Drehfeldfehler und sogar eine mögliche Störung am Leistungsschalter in der Baugruppe. Zum Selbstschutz sind die Leistungsbaugruppen mit einer internen Temperaturüberwachung ausgestattet. Der Temperaturwert wird an die übergeordnete Steuerung übergeben. Überschreitet die Temperatur einen definierten Wert, schalten die Ausgänge automatisch ab.

„Es gibt einige Ursachen, die zur Erreichung der Grenztemperatur der Heizungssteuerung führen können – etwa wenn Anwender die Schaltschrankkühlung nicht ausreichend dimensionieren oder diese defekt ist“, konstatiert Michael Lorenz. „Und wie schnell ist ein Lüfter ausgefallen, der dann die Temperatur im Schaltschrank ansteigen lässt.“ Die Geräte haben sich sowohl im Engineering als auch bezüglich der Handhabung als komfortabel erwiesen.

Softwareunterstützung beim Engineering

Die Heizungssteuerung wird mit Hilfe einer GSD-Datei – elektronischen Gerätestammdaten – in das Steuerungsprogramm eingebunden. Zur Unterstützung bei der Inbetriebnahme liefert der Hersteller Siemens ein Beispielprogramm in Form von Funktionsbausteinen und Datenbausteinen mit, das im Steuerungsprogramm Step 7 oder TIA-Portal genutzt werden kann. Anschließend müssen nur noch die gewünschten Werte parametriert werden. Über den Profibus-Anschluss an den Baugruppenträgern werden die Stell- und Diagnosewerte mit der übergeordneten Steuerung zyklisch synchronisiert. „Wir zeichnen diese im Rahmen unseres Qualitätsmanagements in einer separaten Datenbank mit auf“, sagt Michael Lorenz.

Mögliche Netzspannungsschwankungen können dank einheitlichem Datenmanagement der übergeordneten Steuerung und der Heizungssteuerung einfach ausgeglichen werden. „Es gibt Länder, in denen die festgelegten Toleranzwerte des Spannungsnetzes vergleichsweise hoch sind. In solchen Fällen ist diese Funktion nahezu unverzichtbar“, so Michael Lorenz angesichts der internationalen Ausrichtung von Kiefel. Der Praktiker weiß, dass die Änderung der Netzspannung massive Auswirkungen auf die Leistung der Quarzstrahler hat. Die verhalte sich nicht zwangsläufig entsprechend einer einfachen Linearkurve, sondern rufe erheblich stärkere Istwert-Schwankungen hervor. Sein Fazit: „Mit Hightech im Schaltschrank haben wir die Heizprozesse für qualitativ hochwertige Endprodukte bestens im Griff.“

Der Beitrag basiert auf einem Manuskript von Christian Helmrich und Josef Schneiderbauer, Siemens AG.

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