Präzisionsspritzguss und Formenbau
Präzision und Kosten im Griff
Bereits im Jahr 2009 hat der Kunststoffverarbeiter Weißer und Grießhaber aus dem schwäbischen Mönchweiler für seinen „direkt gespritzten Filter“ den „Innovationspreis zur Förderung innovativer Leistungen in mittelständischen Betrieben von Industrie und Handwerk“ erhalten. Erstmals wurden bei diesen Präzisionsbauteilen für die Automobilindustrie Siebgewebe und Gewinde im reinen Spritzguss, in einem Schuss produziert. Abgelöst wurde damit das bisherige Verfahren, ein vorhandenes Siebgewebe aus Metall oder Kunststoff zu umspritzen, um ein einbaufertiges Bauteil zu erhalten. Mit erheblichen Folgen für die Kosten: Sie sanken je nach Produkt um 60 bis 80 Prozent. Produziert wird inzwischen eine große Zahl von Varianten, auch für andere Branchen, in Stückzahlen von mehreren zehntausend bis in den zweistelligen Millionenbereich.
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Eingesetzt werden solche Filter aus Polyamid mit Gewichten um 0,1 Gramm beispielsweise in ABS- und ESP-Systemen, um auch feinste Partikel aus der Bremsflüssigkeit zu filtern und so die sichere Funktion zu garantieren. Fadendicken von 0,10 bis 0,15 Millimeter und Maschenweiten bis 0,07 Millimeter sind mit bloßem Auge kaum noch zu erkennen. Dementsprechend gering muss die Gratbildung mit unter fünf Mikrometer bleiben.
Rund fünf Jahre Entwicklungszeit hat Weißer und Grießhaber in die Entwicklung der direkt gespritzten Filter gesteckt. Das betraf vor allem den Formenbau, bis heute werden die Formen stetig verbessert. Maßgeblichen Einfluss auf die Qualität und Prozessstabilität haben die Heißkanal- samt Steuerungstechnik sowie die Anpassung der Prozessparameter. Im Zuge der kontinuierlichen Weiterentwicklung wurde unter anderem entschieden, bereits vor der Markteinführung die von Günther Heisskanaltechnik entwickelte und in Eigenfertigung produzierte neue Beheizungstechnologie Blueflow einzusetzen und die Erfahrungen auszuwerten. „Erstes augenfälliges Ergebnis des Einsatzes der neuen Düsen war“, erklärt der Leiter Vertrieb und Projektmanagement bei Weißer und Grießhaber, Siegfried Kaiser, „dass gegenüber den vorher eingesetzten – auch schon zu den Spitzentechnologien gehörenden – Systemen deutlich geringere Temperatur- und Druckniveau. Das im Prozess genutzte Temperaturfenster wird erheblich kleiner, das durchschnittliche Temperaturniveau sinkt und wird stabiler.“ Das senkt nicht nur die Belastung der Form, es spart nachhaltig Energie und hat die Stillstandzeiten erheblich gesenkt.
Neue Düsentechnik im Detail
Ein mindestens ebenso wichtiger Aspekt: Höhere Temperaturen und Drücke führten früher gelegentlich zu nicht akzeptablen Materialschädigungen und damit zu Ausschuss. Außerdem füllten nicht immer alle Kavitäten des Achtfach-Werkzeugs und die Ausschussrate bewegte sich bis in den zweistelligen Bereich. Diese Probleme treten nun nicht mehr auf: Mit dem nun eingesetzten Heißkanal füllen alle Kavitäten und die Ausschussrate liegt unter ein Prozent. Auch die Qualität des Anspritzpunktes ist deutlich besser. Ein weiterer in der Praxis beobachteter Aspekt: Dank der schnellen Aufheizung und des stabilen Temperaturniveaus – Düsentemperatur und Sollwerte sind nun bei allen acht Düsen auf gleichem Niveau – in den Düsen ist das Anfahren des Werkzeugs nun problemlos möglich, ebenso das Wiederanfahren nach einer Störung. Auch das trägt nachdrücklich zur Kostensenkung im Prozess bei, und steigert die Prozesssicherheit.
Kernelement der neuen Düsen sind von Günther und einem Projektpartner entwickelte Dickschicht-Heizelemente. Auf eine Edelstahlhülse werden Dielektrikum-Schicht und Heizleiterbahnen im Siebdruckverfahren unter Reinraumbedingungen aufgebracht und anschließend eingebrannt. Eine Deckschicht isoliert und schützt das Heizelement gegen äußere Einflüsse. Wichtigster Vorteil der Dickschichtheizer: Die Heizbahnen lassen sich näher an das Material heran führen, wobei auch die Leistungsverteilung über das gesamte Heizrohr hinweg sehr viel genauer möglich ist, da die Leiterbahnen variabel hinsichtlich Breite (und damit der abgegebenen Leistung) sowie der Positionierung angeordnet werden können. So ist beispielsweise eine hohe Leistungskonzentration im vorderen Düsenbereich einfacher zu erreichen als bisher.
Das gesamte Heizelement, ist nur etwa ein Millimeter dick. Gegenüber herkömmlichen Messing-Heizelementen sind die neuen Dickschichtheizer also deutlich filigraner und weisen einen geringeren Durchmesser auf. Zudem zeichnen sich die Heizelemente durch hohe Spannungsfestigkeit aus, sie sind nicht hygroskopisch. Damit entfällt das bislang übliche langsame Aufheizen auf 100 Grad Ceslsius und die sich daran anschließende Heizruhephase zur Wasserdampfaustreibung aus den Heißkanalsystemen.
Zahlen unter dem Strich
Grundsätzlich ist die Bluefow-Technologie kompatibel zu bisherigen Düsensystemen, eine Nachrüstung ist also möglich. Den leicht erhöhten Investitionskosten stehen in den Anwendungen von Weißer und Grießhaber direkte Einsparungen und ein Gewinn an Sicherheit gegenüber:
- Stillstandzeiten aufgrund des schnelleren und problemlosen Anfahrens, auch nach Störungen.
- etwa 13 bis 20 Prozent geringerer Energieverbrauch aufgrund des niedrigeren Temperaturniveaus.
- weniger Ausschuss aufgrund der besseren Temperaturführung der Düse, geringerer Prozesstemperatur und geringerem Druck. Dank niedrigerem Druck ist auch das Ausweichen auf eine kleinere Spritzgießmaschine möglich, was die Kosten weiter reduziert.
• Stabiler Prozess mit geringeren Stillstandzeiten und entsprechend höherem Ausstoß. - Düsen sorgen nicht nur aufgrund ihrer kleineren Außenkonturen für geringeren Wärmeverlust. Der patentierte, geteilte Düsenschaft mit der Materialkombination aus Stahl im hinteren und einer Titanlegierung im vorderen Teil sorgt mit seiner geringen Wärmeleitfähigkeit für niedrigen Wärmeverlust.
Daneben lassen sich bei Werkzeug-Neukonstruktionen weitere Eigenschaften der neuen Heiztechnologie wie der im Vergleich zu herkömmlichen Systemen geringere Durchmesser nutzen. Das ermöglicht kleinere Nestabstände und damit kleinere Werkzeuge oder eine Höherfachigkeit mit entsprechenden Rationalisierungseffekten.
„Eine exakte Kostenkalkulation pro Stück liegt für diese Anwendung noch nicht vor. Die Amortisation hat sich jedoch in weniger als einem halben Jahr eingestellt“, sagt Siegfried Kaiser.