Vollkunststoff-Pedal
Auf die Bremse steigen – mit Kunststoff
Rund 50 Prozent leichter als eine vergleichbare Stahlausführung soll das komplett aus Kunststoff gefertigte Bremspedal sein. Multiaxialen Faserlagenaufbau in Kombination mit hochsteifen Tapes bringen hohe Biege- und Torsionsbelastbarkeit, der Herstellprozess durch Hybrid Molding die Großserientauglichkeit.
Matchmaker+
Bei batterieelektrischen Sportwagen zählt jedes Gramm Gewicht. Daher kommt im ersten Serienfahrzeug dieses Segments ein Vollkunststoff-Bremspedal zum Einsatz. Das Sicherheitsbauteil wurde von Boge Elastmetall in Zusammenarbeit mit dem Geschäftsbereich High Performance Materials (HPM) von Lanxess entwickelt. Seine hohe mechanische Belastbarkeit bei geringem Gewicht verdankt es einer thermoplastischen Composite-Konstruktion. Für den Aufbau werden ein Einleger aus dem endlosfaserverstärkten, thermoplastischen Verbundwerkstoff Tepex Dynalite und mehrere Tapes verwendet. Dank einer durchgehenden Automatisierung sei eine effiziente, großserientaugliche Herstellung des geometrisch komplexen Sicherheitsbauteils möglich.
Die Tepex dynalite-Materialien haben eine thermoplastische Matrix, die üblicherweise mit Lagen aus Endlos-Glasfasergeweben verstärkt ist. Im Fall des Bremspedals für den batterieelektrischen Sportwagen wurde ein Verbundaufbau mit Polyamid 6-Matrix gewählt, der im Inneren unidirektionale Faserlagen und in den beiden Deckschichten Gewebelagen mit +45°-Faserausrichtung enthält. Die inneren Lagen sorgen für die exzellente Zug- und Biegebelastbarkeit des Bauteils.
Tapes sind dünne Kunststoffbänder, in die unidirektional ausgerichtete, hochfeste Endlosfasersysteme eingebettet sind. Beim Bremspedal werden mehrere Tapes mit Glasfaser-Rovings eingesetzt, um die Bauteilunterseite zu verstärken. Da die Tapes und der Tepex-Einleger aus zueinander kompatiblen Kunststoffmatrices bestehen, können die Tapes einfach per Laser auf den Tepex-Einleger geschweißt werden. Das Resultat sind maßgeschneiderte Laminate, deren Faserlagen genau den Lastpfaden folgen und exakt an die lastspezifischen Bauteilanforderungen angepasst sind. So sorgen die Deckschichten des Einlegers mit ihren 45 Grad-Faserlagen zusammen mit den aufgelegten Tapes für eine hohe Torsionsbelastbarkeit des Pedals.
Aktuell sind vier Bremspedalausführungen in der Serienfertigung, bei denen auf eine Vollkunststoff-Version gesetzt wird. Für alle Bauteilvarianten sind die Lastpfade auch entsprechend den unterschiedlichen Torsionsrichtungen optimiert.
Automatisierte Verarbeitung
Die Bremspedale werden per Hybrid Molding in kurzen, für die Großserie geeigneten Zykluszeiten in einem automatisierten Prozess gefertigt. Das Verfahren integriert das Umformen des Einlegers sowie der Tapes in den folgenden Spritzgießprozess. Im ersten Fertigungsschritt werden die Tape-Zuschnitte mit Hilfe optischer Messsystemen exakt ausgerichtet und auf dem Einleger positioniert, um dann mit diesem verschweißt zu werden. Anschließend wird der Aufbau umgeformt und im Spritzgießprozess mit Polyamid 66 hinterspritzt.
Für thermoplastische Composite-Aufbauten mit lastgerechter Faserorientierung eröffnen sich in der Elektromobilität weitere Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel Frontendsysteme und Stoßfängerträger, Halter von Elektro- und Elektronikmodulen, Laderaummulden, Batteriegehäuse und -abdeckungen, strukturelle Komponenten im Greenhouse sowie strukturelle Verkleidungen im Unterbodenbereich zum Schutz der Batterie.
Auch der niedrige CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Konstruktionen auf Metallbasis spreche für diese Verbundbauweise. Dabei sind thermoplastische Composites nicht nur deutlich leichter, sondern ermöglichen durch das Hybrid Molding-Verfahren auch die kostensenkende, gewichts- und energiesparende Integration von Funktionen wie Führungen, Aufnahmen und Befestigungselementen. Aufwändige Weiterverarbeitungsschritte wie das Entgraten oder das nachträgliche Gewindebohren, wie es bei Metallteilen üblich ist, entfallen bei solchen Bauteilen.