3D-Druck im Formenbau
Heißkanal für schnelle 8-fach-Form
Groß kann (fast) jeder. Wenn es aber eng wird im Spritzgießwerkzeug, ist Kreativität gefragt. Schließlich ist es extrem unwirtschaftlich nur aufgrund der Werkzeuggröße auf eine Maschine der nächsthöheren Klasse gehen zu müssen, obwohl die Schließkraft das nicht erfordert. Für ein 8-fach-Werkzeug wurden deshalb große Teile des Heißkanals im 3D-Druck produziert.
Technisch anspruchsvolle Artikel aus Kunststoff sind nach Unternehmensangaben das Metier der Elm-Plastic mit Sitz nahe Bitburg in der Eifel. Rund 100 Mitarbeitern in Formenbau und Spritzgießerei produzieren auf etwa 3500 Quadratmeter überwiegend für die Pharmaindustrie. Dementsprechend ist die Maschinenausstattung auf eher kleinere Schließkräfte ausgelegt. Die geplante 8-fach-Spritzgießform für eine ganz andere Branche, nämlich für den Baubereich, die auf einer 500 Kilonewton-Maschine laufen sollte, stieß da an die Grenzen. Limitierender Faktor war der Öffnungshub.- Um hier ausreichend Raum für die Teileentnahme zu schaffen, zu schaffen, setzte Elm den Streamrunnermit additiv gefertigtem Verteilerbalken von Hasco ein.
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Flexibilität ist aktuell mehr gefragt denn je. Und so wickelt Elm-Plastic immer wieder neben den Projekten aus pharmazeutischen Primärpackmitteln und Dosierhilfen für human- und veterinärmedizinische Präparate immer wieder Aufträge anderer Branchen ab. Dazu gehört ein geometrisch anspruchsvolles Produkt, das künftig in Baumärkten angeboten werden soll. Der Spritzgießartikel aus HDPE wird auf einem 8-fach Werkzeug produziert. „Der Kunde ruft mehrmals jährlich Losgrößen von 400 000 Stück ab“, gibt Elm-Entwicklungsleiter Roman Möhs als Größenordnung an. Allerdings bietet die Geometrie des Artikels eine besondere Herausforderung. „Eigentlich ist die 500 Kilonewton-Spritzgießmaschine ideal für dieses Produkt in 8-fach Fertigung“, erklärt er. „Allerdings ist die mögliche Einbauhöhe für diese Applikation zu knapp.“ Es musste eine andere Lösung her, denn der Umstieg auf eine 750 Kilonewton- Maschine schon aus Kostenerwägungen keine Alternative.
10 Millimeter weniger
Das 2019 vorgestellte System Streamrunner ermöglichte es, trotz der komplexen Einbausituation und der anspruchsvollen Anbindung die Formhöhe um 10 Millimeter zu reduzieren. Da der Verteilerbalken in einem Lasersinterverfahren additiv gefertigt wird, kann die komplette „Heiße Seite“ deutlich kompakter aufzubauen. Dies verschaffte in diesem Projekt das erforderliche Plus beim Öffnungshub für eine sichere Entformung. Auch bei Einbauhöhe und Auswerferhub steht nun eine kleine Reserve zur Verfügung. „Mit einem konventionellen Standard Heißkanal wäre das nahezu unmöglich gewesen“, betont Roman Möhs. „Und bei einem 25 langen zylindrischen Artikel sind 10 Millimeter eine ordentliche Größe“, ergänzt er.
Ein weiterer Vorteil des 3D-gedruckten Verteilers sind die weitestgehend frei gestaltbaren Fließwege. So lassen sie sich einfacher und zumeist optimal balancieren, mit großzügigen Radien und ohne tote Ecken gestalten. Der komplette Verteilerbalken inklusive aller Gewinde entsteht per 3D-Lasersintern in einem Arbeitsgang und als ein Stück. Es müssen keine Umlenkelemente eingeschrumpft werden, die wegen potentieller Undichtigkeiten eine typische Schwachstelle sind. Hinzu kommt, dass der 3D-Druck sehr kleine Stichmaße und variable Düsenanordnungen ermöglicht.
Kleiner aber sehr komplexer Baumarkt-Artikel
Da bereits während der 3D-Konstruktion des Werkzeugs klar wurde, dass es ein Problem mit dem Einbauraum gibt – die eventuell mit Hilfe des 3D-gedruckten Verteilers gelöst werden kann, hat Hasco aufgrund des anspruchsvollen Anschnitts an dem vergleichsweise kleinen Artikel für Elm-Plastic zusätzlich eine Moldex-Füllsimulation und Fließanalyse durchgeführt. Die führten zum Ergebnis, dass der Anspritzpunkt in der Werkzeugkonstruktion zur Vermeidung von Lufteinschlüssen um einige Millimeter verlegt wurde.
Für den individuell ausgelegten und angefertigten 8-fach Streamrunner mit verschraubten, modifizierten 20er Techni Shot Düsen sei die Lieferzeit nur geringfügig länger gewesen als für ein Standardsystem. Die höheren Kosten seien durch den Einsatz der kleineren Maschine kurzfristig zu kompensieren. Kostensenkend sei auch, dass Düsenspitzen und Heizung von der Trennebene aus montierbar sind und so die Wartungsarbeiten erleichtern.
Auf der Auswerferseite verfügt das Werkzeug über bewegliche Teile. Die DLC-Beschichtung (Diamond like Carbon) der Gleitführung dieser Schieber reduziere die Reibwerte und ermögliche ohne separate Schmierung deutlich längere Standzeiten. Auch wenn es sich beim aktuellen Projekt um einen Baumarktartikel handelt, ist der Wegfall der Schmierung für Elm-Plastic wichtig, da die Maschinen vorrangig für die Herstellung von Medizintechnikprodukten in einer Reinraumumgebung betrieben werden. Alle Spritzgießmaschinen im Unternehmen sind vollelektrisch angetrieben.
Mit Medizintechnik durch die Krise
Neben der Flexibilität, technischen Probleme mit neuen Lösungen zu begegnen, ist aktuell ebenso die Flexibilität beim Bedienen der Kundenmärkte erforderlich. Da Elm-Plastic hauptsächlich Produkte für internationalen Pharmazeuten und Lohnabfüller für die Pharmaindustrie produziert, haben die Eifeler in der Corona-Krise laut eigener Angaben keine signifikanten Umsatzeinbrüche zu beklagen. „Unser Produktspektrum umfasst in erste Linie pharmazeutische Primärpackmittel und Dosierhilfen für human- und veterinärmedizinische Präparate. Dazu gehören neben Einweg-Spritzen auch Produkte wie Pipetten, Applikatoren und Injektoren in unterschiedlichen Ausführungen, Dosierassistenten, Lochschraubkappen, Pipettenabstreifer und vieles mehr“, fasst Roman Möhs das Angebot zusammen.