TPE mit Kork im Heißkanal-System
Thermoplastische Elastomere formen die Zukunft
Thermoplastische Elastomere sind ein interessanter Werkstoff für das Spritzguss-Verfahren, da TPE die Vorteile von Thermoplasten und Elastomeren kombinieren. In Verbindung mit TPE kommt zunehmend auch Kork als Füllstoff zum Einsatz, da dieser den Produkten eine angenehme Haptik und rutschfeste Oberflächenstruktur verleiht. Doch Kork ist thermisch sensibel, was die Frage aufwirft: Lässt sich die Kombination TPE und Kork auch im Heißkanal verarbeiten?
Einsatzgebiete und Anwendungen, die ehemals dem vergleichsweisen teuren Naturkautschuk vorbehalten waren, werden mittlerweile auch mit TPE realisiert. TPE-Materialien lassen sich ähnlich leicht verarbeiten wie Thermoplaste. In Verbindung mit TPE kommt auch immer mehr Kork als Füllstoff zum Einsatz. Da Kork eine zellenartige Struktur hat, die leicht und hoch komprimierbar ist, kommt diese Materialkombination als Alternative in Griffen und Henkeln an Sportgeräten, Haushaltsgegenständen und auch an medizinischen Hilfsmitteln zum Einsatz. Zudem kann ein Compound aus TPE-Kork auch für 2K-Anwendungen in Verbindung mit PP oder PE eingesetzt werden.
Im Rahmen eines Kundenprojektes wurde im Technikum von Günther Heisskanaltechnik ein solches TPE-Kork-Compound von Hexpol mit dem Handelsnamen Lifocork UV 501039 Natur mit einem Heißkanal-Nadelverschluss-System auf seine Verarbeitbarkeit getestet. Mit dem Versuch sollte ermittelt werden, inwieweit diese Lifocork-Type ohne nennenswerte Verfärbungen mit dem Heißkanal-System verarbeitet werden kann.
Produkte mit natürlicher Ästhetik und Haptik
Lifocork ermöglicht das Herstellen von Soft-Touch-Designelementen mit dem natürlichen Aussehen von Kork. Es ist ein leichtes Material mit geringer Dichte, was zusätzlich Gewichtseinsparungen ermöglichen kann. In der Zweikomponenten-Verarbeitung haftet Biokomposit an TPE, PP und PE. Die Compounds sind auf unterschiedlichen Basismaterialien wie TPS, EVA oder TPO in Härten von 50 bis 98 Shore A verfügbar. Sie lassen sich auch schäumen, so dass eine Dichte bis 0,45 g/cm³ erreicht wird. Ideal ist dieses Biokomposit für die Herstellung von Sportgeräten, Werkzeug, Haushaltsgegenständen, orthopädischen Produkten, Spielzeug und Fahrzeuginterieur geeignet.
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Jörg Essinger, Leiter der Anwendungstechnik & Service bei Günther, gibt jedoch zu bedenken: „Lifocork ist ein auf Styrol-Blockcopolymer basierendes TPE, welches 20- bis 30-prozentigen Korkanteil enthält. Aufgrund dieses Korkanteils ist das Compound in Bezug auf die Spritzgussverarbeitung temperatur- und scherempfindlich, was zu einer deutlichen Verfärbung führt. Eine reine Wärmebelastung ist in diesem Zusammenhang weniger kritisch. Erst in Verbindung mit einer zu hohen Scherbelastung im Spritzprozess kommt es zur Verfärbung.“ Aus diesem Grund wurde für diesen Versuch im Technikum von Günther ein 2-fach-Werkzeug mit einem „Scheiben“-Probekörper gewählt. Als Heißkanal-Düse setzte das Team um Jörg Essinger eine Nadelverschlussdüse vom Typ 8NHT2-80 mit einem Schmelzekanal-Durchmesser von 8 mm ein, um das Compound mit möglichst geringer Scherbelastung zu verarbeiten.
Die Düse zeichnet sich durch ein homogenes Temperaturprofil aus, was durch den zweigeteilten Schaft aus Titan und Stahl begünstigt wird. Das sorgt für eine hervorragende Isolierung im vorderen Schaftbereich und damit für einen äußerst geringen Wärmeverlust zwischen Heißkanaldüse und Kavität. Damit ist diese Heißkanaldüse perfekt für die Verarbeitung thermisch empfindlicher Materialien, technischer Kunststoffe und hochtemperaturbeständiger Polymere geeignet. Durch die geringe Wärmeableitung wird eine schonende Verarbeitung des Lifocork-Materials ermöglicht. Da die Kork-Partikel eine Größe zwischen 0,5 mm und 1 mm haben, muss der Anspritzpunkt >1,2 mm betragen. Bei dem Versuch wurde, um die Schmelze auch möglichst stressfrei in die Kavität einspritzen zu können, die PM-Nadelführung Type LA 2,0 mit einem Anspritzpunkt-Durchmesser von 2,0 mm eingesetzt.
Stabiler Prozess bei variablen Temperaturen
Um die Verarbeitung möglichst schonend bei geringem Staudruck durchzuführen, wurde eine niedrige Schneckendrehzahl gewählt. Das Biokomposite wurde im Vorfeld etwa 3 Stunden bei 50 bis 60 °C getrocknet. Die Temperatur der Schmelze betrug max. 180 °C und die des Werkzeuges etwa 35 °C. Getestet wurde die Prozessfähigkeit über eine Laufzeit von 2 Stunden. Die Versuche haben gezeigt, dass mit dem eingesetzten Heißkanal-System ein stabiler Prozess bei variablen Temperaturen von 140 °C bis 180 °C möglich ist. Je höher hier die Düsentemperatur eingestellt wurde, um so dunkler wurden aber die Formteile. Auch getestet wurde die Prozessstabilität nach einer Fertigungsunterbrechung. Nach etwa 10 Minuten konnte ohne nennenswerte Auffälligkeiten der Fertigungsprozesse wieder hochgefahren werden.
Biobasierte TPE in den Fokus rücken
Nachhaltigkeit ist viel mehr als nur ein Schlagwort. Da die meisten konventionellen Kunststoffe aus Öl gewonnen werden, also einer schwindenden Ressource, rücken biobasierte TPEs als neue, umweltschonende Materialien für Produktentwicklungen in den Fokus. Dank Biokompositen können bei der Produktentwicklung fossile Rohstoffe durch nachwachsende ersetzt werden. Das geht einher mit einer CO2-Einsparung sowie einer geringeren Umweltbelastung und stellt gleichzeitig einen Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit von Erdöl dar. Gerade für die Automobilbranche sind Werkstoffe wie Lifocork interessant, weil sie neben einer guten mechanischen Performance hervorragende Dämmeigenschaften bei einer geringen Dichte mitbringen So kann Gewicht eingespart werden, Bauteile können also gleichzeitig leicht und umweltfreundlich gestaltet werden.
Mit der Versuchsreihe zeigte Günther, dass sich Biokomposite wie Lifocork mit einem Heißkanal-Nadelverschluss-System sehr gut verarbeiten lassen, ohne nennenswerte Verfärbungen. Jörg Essinger fasst zusammen: „Man sollte darauf achten, das Compound mit möglichst geringer Scherbelastung zu verarbeiten. Da ist es sinnvoll eine niedrige Schneckendrehzahl zu wählen, um den Staudruck gering zu halten. Weiterhin ist zu beachten, dass die Düse ein sehr homogenes Temperaturprofil aufweist, wie etwa unsere Düsen mit zweigeteiltem Schaft, welche für eine gute Isolierung im vorderen Schaftbereich und damit für einen äußerst geringen Wärmeverlust zwischen Heißkanaldüse und Kavität sorgen. Mit diesen Rahmenbedingungen lassen sich Biokomposite prozessstabil und ohne nennenswerte Verfärbungen verarbeiten.“