Editorial
Alles Bio! Oder?
Alles Bio! Oder?
Kunststoff und Umweltschutz passen traditionell nicht zusammen. Das weiß man spätestens, seit dem Spontis und solche die sich dafür hielten „Jute statt Plastik“ auf fremder Leute Kondomautomaten kritzelten. Das ist allerdings einige Jahrzehnte her und inzwischen macht sich der Begriff Bioplastics in der K-Branche breit.
Rund 50 Aussteller traten auf der soeben beendeten Interpack mit nach eigenen Angaben biologisch abbaubaren Kunststoffen an. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe aktualisiert seine Broschüre „Daten und Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen“ künftig per Internet, weil die Lage sich immer schneller ändert. Unsere Redaktion erhält verstärkt Presseinformationen zu Entwicklung und Einsatz von Kunststoffen, die ein „Bio“ im Namen tragen. Und zunehmend kommen diese Informationen nicht mehr nur von Instituten und Verbänden, sondern aus erfolgreichen Unternehmen. Alles Zeichen dafür, dass Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung – oder wie immer man den Trend nennen mag – im industriellen Alltag angekommen sind.
Vielleicht. Denn es gibt auch gegenteilige Stimmen: Was auf den ersten Blick bestechend erscheine, das Nutzen der flexiblen Einsatzmöglichkeiten von Kunststoffen unter Berücksichtigung Jahrzehnte alter ökologischer Forderungen, kann man offensichtlich auch anders bewerten: Dass Biokunststoffe zu großen Teilen eine deutlich schlechtere Energiebilanz über ihre Lebensdauer aufweisen als ihre klassischen Pendants wird argumentiert und dass einige der unter Öko-Label werbenden Materialien zudem Rohstoffe nutzen, die anderweitig sinnvoller einzusetzen seien. Die Biospritverordnung lasse grüßen.
Nun ist es schwierig ein objektives, seriöses Bild zu zeichnen. Ein bunter Strauß an Werkstoffen mit sehr unterschiedlichen Anteilen natürlicher Substanzen beansprucht den Bio-Begriff für sich. Zudem prägen unterschiedliche bis konträre Interessen der Marktteilnehmer die Diskussion, Argumente werden entsprechend zurechtgebogen. Und nicht zuletzt sind die Mengen derzeit noch eher bescheiden.
Haben Sie sich schon mit Bio-Kunststoffen beschäftigt, ziehen Sie deren Einsatz in Betracht oder haben Sie sogar schon Erfahrungen damit? Lassen Sie es uns wissen, wir geben Ihre Meinung gern weiter.
Bis dahin verbleibe ich mit besten Wünschen für den einen oder anderen Feierabend bei einem Bierchen aus garantiert natürlichen „Werkstoffen“.