Editorial
Eine der letzten
Gelegenheiten für ein persönliches Gespräch in diesem Jahr bietet die Euromold in Frankfurt am Main. Sicher werden auch hier die aktuell wenig erfreuliche wirtschaftliche Situation vieler Branchen und die möglichen Perspektiven immer im Hintergrund mitschwingen. Aber die Werkzeug- und Formenbauer, Konstrukteure und Prototypenspezialisten können sogar profitieren – so sie gesund finanziert und über einigermaßen festgefügte Geschäftsverbindungen verfügen: Während Investitionen in eine Spritzgießmaschine, in eine Presse oder ein Fertigungszentrum bei schwächerer Auftragslage häufig durchaus aufschiebbar sind, müssen für jeden neuen Fahrzeugtyp und jede Kaffeemaschine Entwicklungsleistungen erbracht, Modelle und Formen gebaut werden. Dabei kommt es weniger auf die schlussendliche Stückzahl der Serie an, diese Arbeiten sind in jedem Fall zu leisten. Punktuell dürften die aktuellen Probleme in Branchen wie dem Automobilbau, den Formenbau und die damit zusammenhängenden Maschinen-, Anlagen- und Softwarelieferanten sowie Dienstleister sogar beflügeln: Denn wer der Krise entkommen will, benötigt moderne, effiziente und verkaufsfähige Produkte. Und da liegt die Chance innovativer Entwickler: Wer seinen Kunden mit neuen Lösungen weiter hilft, hilft sich auch selbst. Das dürfte allerdings nur für Unternehmen gelten, die in den vergangenen Boom-Jahren seriöse und solide Arbeit abgeliefert und ausreichende Reserven aufgebaut haben, um Entwicklungsleistungen im gewissen Rahmen vorzufinanzieren. Und sicher kann es nicht schaden, wenn die typischerweise mittelständisch strukturierten Formenbauer ihre guten Umsätze dazu genutzt haben, sich auf internationalem Parkett umzuschauen und dort Kontakte und Know-how aufzubauen.
Von Milliarden, die Regierungen weltweit – offenbar unseriös und bar jeder kaufmännischen Regel arbeitenden – Bankern hinterher werfen oder mit denen sie Autohersteller mit völlig verfehlter Produktpolitik für kurze Zeit stabilisieren, können diese Mittelständler nur träumen. Hier gilt weiterhin: Nur wer gute Produkte und Dienstleistungen bietet, und das in einem möglichst internationalen Umfeld, wird auf Dauer erfolgreich sein.
Wie das aussehen kann, zeigt beispielhaft ein auch zur Euromold relevantes Thema: der generative Prototypenbau. Mit immer wieder verbesserten Verfahresparametern und Werkstoffen werden inzwischen Bauteile hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften, Oberflächenqualitäten und Farben sehr nahe an der späteren Serienqualität erzeugt. Der Sprung in die Produktion von Echtteilen ist in verschiedenen Branchen gelungen: Dienstleister produzieren „on-demand“ einbaufertige Bauteile als Einzelstücke oder in kleineren Serien – ohne Werkzeugkosten und Stück für Stück individualisierbar. Und ein pfiffiger Vorrichtungsbauer nutzt das Verfahren, um auch die letzten werkstückspezifischen Bauteile von Systembaukästen kostengünstiger zu fertigen: Statt konturberührende Formstücke aufwändig zu gießen oder spanend herzustellen, werden, abgeleitet aus den CAD-Daten des Werkstücks, diese Komponenten schnell in verschiedenen generativen Verfahren gefertigt.
Vorsprung durch Technik und Ideen statt durch Förderung von Industrielenkern, deren strategisches Potenzial nicht über das Ende der Motorhaube hinaus ragt, scheint auch weiterhin mehr Erfolg zu versprechen. Zu sehen ist das bei einem der letzten großen Branchentreffen des Jahres, bei der Euromold in Frankfurt.