Meinung

Kunststoff…

…macht das Leben schöner, hat die auf verdächtig kurzen Beinen stehende Pudel-Collie-Mischung zu mir gesagt. Das jedenfalls kolportierte dessen Besitzerin und verwies auf die neueste Errungenschaft für Frauchens Liebling – das „viskoelastische Loft Hundekissen“. Die Liegefläche besteht aus 8 Zentimeter dickem Kaltschaum lässt uns dessen Hersteller wissen, und dass es nebst fester Polsterwatteabdeckung auch noch mit eben der namensgebenden viskoelastischen Schaumplatte und einigen Extras aufwarten kann. Hoffentlich geht der derart königlich ruhende Vierbeiner noch freiwillig mit vor die Tür. Falls nicht, macht nichts: Das softe Liegegefühl stellt sich nämlich, so der Hersteller, besonders bei übergewichtigen Hunden ein.

Was lehrt uns das? Auch wenn dieses Produkt der Absatzkurve des Fachverbands Schaumkunststoffe und Polyurethane (FSK) vermutlich keinen aufsehenerregenden Knick nach oben verleiht, wird eine ganze Menge Kunststoff verarbeitet, was unserer Branche sicher gut tut. Außerdem ist diese Anwendung mit einem positiven Image besetzt, was ebenfalls nicht falsch sein kann. Zweitens muss man nicht nur ein Produkt haben, man muss es auch selbstsicher und frei von Bedenken jeder Art anpreisen können, um erfolgreich zu sein. Der Beipackzettel des Hundebetts liest sich nämlich wie die Gebrauchsanweisung eines Krankenhausbetts für Rekonvaleszenten.

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Andererseits kann man nicht jedes Rezept 1:1 übertragen. Techniker beispielsweise schätzen meist eher sachliche Information. Obwohl die ja auch nicht immer im Stil des typischen Ingenieurs daher kommen muss, der nur in Datenblättern denken und reden kann. Wie meist im Leben, liegt auch hier die Wahrheit irgendwo in der Mitte – zwischen harten Fakten und geschwurbeltem Marketingsprech. Solide und seriöse Maschinen- und Anlagenbauer, Spitzenverarbeiter und Werkstoffentwickler müssen gelegentlich lernen, ihre Leistungen etwas smarter darzustellen. Über Investitionen entscheiden nämlich nicht mehr ausschließlich Techniker und Ingenieure. Selbst in kleineren Unternehmen unserer Branche sitzt nicht mehr automatisch ein genialer Tüftler an der Spitze, der vielleicht sogar noch ein paar Patente hält. Betriebswirte jeglicher Art sind selbst in technikgeprägten Unternehmen auf allen Ebenen zu finden. Und auch die gilt es von den eigenen Leistungen, den eigenen Angeboten, zu überzeugen.

Statt mit einer nackten Zahl zu operieren (unser neue Linearachse weist eine Beschleunigung von X m/s² auf, könnte man beispielsweise hinzufügen, dass sie deutlich über der des besten Starts von Sebastian Vettel liegt. Der sitzt übrigens bei der Arbeit zwar deutlich härter als der Pudel-Collie, aber immerhin umgeben von Hochleistungskunststoffen aller Art. Womit sich der Kreis schließt und klar ist, dass das Leben mit Kunststoffen nicht nur schöner ist, sondern auch erfolgreich machen kann.

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