Meinung
Die Bildungsrepublik …
… sei ihr Ziel, ließ unser aller Kanzlerin schon im Juni 2008 in einer denkwürdigen Rede zur „Sozialen Marktwirtschaft“ das Volk wissen, während ihr ein übergroßer Ludwig Erhard als Projektion auf der Rednerbühne über die Schulter zwinkerte.
Mit mehr als sieben Jahren Abstand ist zu konstatieren: Das Chaos unseres Bildungssystems ist größer denn je, jedes Bundesland erfindet – völlig unabhängig von seinen Nachbarn – die Bildung alle paar Jahre gänzlich neu, selbst innerhalb eines Bundeslandes sind Wechsel von einer Schule zur anderen kaum möglich und Universitäten können große Teile der Studienplätze nach eigenem Gutdünken vergeben. Nutznießer sind nicht die Kinder und Jugendlichen, schon gar nicht unsere Gesellschaft, deren wertvollster „Rohstoff“ gebildete Menschen sind. Es drängt sich der Eindruck auf, die Profiteure dieses Schlamassels sitzen in unzähligen Ministerien, Ausschüssen, Kommissionen, Beratergremien und anderen lebens- und realitätsfernen Institutionen. Und wenn einmal ernsthaft über Bildungskonzepte diskutiert wird, stehen üblicherweise akademische Abschlüsse im Fokus, während die Basisbildung in Haupt- und Realschulen, die in eine sinnvolle und erfolgreiche betrieblichen Ausbildung führen, „hinten runter“ fallen. Aber damit lässt sich in Talkshows natürlich weniger punkten. Ludwig Erhard wäre das Grinsen angesichts der Lage wahrscheinlich vergangen und die Zigarre aus den Fingern gerutscht.
Vor diesem Hintergrund sind Initiativen von Unternehmen, Verbänden, Weiterbildungseinrichtungen und auch Hochschulen, die sich um die Förderung und Ausbildung im gewerblichen Bereich, um die Gewinnung geeigneter Bewerber und die Weiterbildung von Mitarbeiter kümmern, nicht hoch genug einzuschätzen. Es gilt, auch auf den ersten Blick leistungsschwächere Jugendliche auf die Schiene zu setzen, besonders leistungsfähigen die Chancen unserer Branche näher zu bringen, die außerordentlich bewährte zweigleisige Ausbildung in Betrieben und Berufsschulen weiter zu entwickeln und leistungsstarken Mitarbeitern in den Unternehmen zusätzliche Kompetenzen zu vermitteln. Nur dann werden die Unternehmen in der Lage sein, mit Innovationen und Leistung auf dem Markt zu punkten.
Es grüßt aus Darmstadt
Meinolf Droege