Ausstellung in der Schirn

Annina Schopen,

Große Kunst mit Kunststoff

Plastik ist überall. Es durchdringt die Gegenwart, ist billig, nahezu weltweit verfügbar und im Alltag omnipräsent. Ob hart oder flexibel, transparent, opak, gemustert, glatt, zart oder bunt, aus Kunststoffen können heute beinahe alle Dinge hergestellt werden. Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt hat mit "Plastic World" der bewegten Geschichte von Plastik in der bildenden Kunst eine Ausstellung gewidmet.

Plastic World, Ausstellungsansicht. © WBM

In den 1950er-Jahren feierten sie ihren großen Durchbruch und wurden zum Symptom und Symbol der Massenkultur – das "Plastic Age" war geboren. Und auch in die Kunst hielten Kunststoffe aufgrund ihrer immensen gestalterischen Möglichkeiten früh Einzug. Auf der Suche nach dem Neuen wurde mit den jeweils zu der Zeit verfügbaren Stoffen wie Plexiglas, Styropor, Silikon, Vinyl oder Polyurethan und industriellen Fertigungstechniken experimentiert.

Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt hat mit "Plastic World" der bewegten Geschichte von Plastik in der bildenden Kunst eine große Ausstellung gewidmet. Sie hat das breite Panorama der künstlerischen Verwendung und Bewertung des Materials von den 1960er-Jahren bis heute gezeigt und deutlich gemacht, wie sich der erfolgreiche vielseitige Werkstoff Plastik in seiner kurzen Geschichte vom Inbegriff für Fortschritt, Modernität, utopischen Geist und Demokratisierung des Konsums zu einer Bedrohung für die Umwelt wandelte.

L’arbre à palabres (2012/2023) von Pascale Marthine Tayou. © WBM

Rund 100 Werke von über 50 internationalen Künstler:innen wurden gezeigt, die auf unterschiedliche Weise mit Kunststoff arbeiten. Schon im Außenbereich des Museums kamen die Besucher:innen an einem künstlichen Baum vorbei, der unter anderem aus Plastikeimern besteht. Der L’arbre à palabres (2012/2023) von Pascale Marthine Tayou verweist plakativ auf den üblichen massenhaften Gebrauch des günstigen Materials und liefert zugleich einen Kommentar über den Zustand unserer Ökosysteme.

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Plastic World, Otto Piene, Anemones: An Air Aquarium, 1976, Neuproduktion 2023, Installationsansicht. © Schirn Kunsthalle Frankfurt 2023/Norbert Miguletz

Auch der deutsche Künstler Otto Piene verband moderne Technik und Natur. In einem begehbaren Environment von rund 160 Quadratmetern präsentierte die Schirn eine Neuauflage von Anemones: An Air Aquarium (1976/2023). Riesige, bis zu acht Meter große, aufblasbare und durchsichtige Seeanemonen sowie andere Seewesen machen Unterwasserwelten erlebbar. Die zu ihrer Entstehungszeit poetische und spielerische Dimension der Arbeit wird heute durch das Wissen um die Verschmutzung der Meere durch (Mikro-)Plastik überlagert.

"Plastik ist das emblematische Material unserer Gegenwart und hat in kürzester Zeit Kunst und Gesellschaft radikal verändert. Was sich inzwischen als enorme Belastung für die Umwelt herausgestellt hat, bedeutete für die Kunst, wie für Architektur und Design, eine ebensolche Bereicherung", erklärt Dr. Martina Weinhart, die Kuratorin der Ausstellung. "Der Blick auf die überaus reiche Materialgeschichte von Plastik eröffnet eine Erzählung voller Ambivalenzen: von zukunftsorientierter Innovationskraft und verführerisch anmutigen Objekten; von den schädlichen Auswirkungen, aber auch zur Frage nach neuen Wegen im Umgang mit diesem Material, das gekommen ist, um zu bleiben."

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