Masterarbeit

Annina Schopen,

Mikroplastik von Kunstrasenplätzen reuduzieren

Aufgrund ihrer ganzjährigen, witterungsunabhängigen Bespielbarkeit sind Kunstrasenplätze im Ballsport beliebt. Viele Plätze bedeutet gleichzeitig aber auch viel Einstreugranulat, das als Mikroplastik in die Umwelt gelangen kann. Eine Masterarbeit in Kooperation zwischen dem Fraunhofer UMSICHT und der Universität Osnabrück liefert neue Zahlen als Basis zur Emissionsminderung.

Kunstrasenplatz in Oberhausen: Infill auf dem Auslaufbereich © Fraunhofer UMSICHT

Allein in Deutschland gibt es aktuell mehr als 5 000 Kunstrasenplätze, auf denen mehrheitlich Fußball gespielt wird – Tendenz steigend. Sie bieten viele Vorteile gegenüber Naturrasen- und erst recht gegenüber Hart- und Ascheplätzen, sowohl was Bespielbarkeit als auch was die Nutzungsdauer betrifft. Doch es gibt auch Nachteile: Durch Wind, Regen und Schnee sowie durch den Spielbetrieb selbst gelangt Einstreugranulat vom Platz in die Umwelt.

Das gummielastische Granulat, (Performance-)Infill genannt, dient der Optimierung der Spielperformance und wird zusammen mit Quarzsand, der zur Platzstabilisierung dient, auf Kunstrasenplätze aufgebracht. Bei einer Einbaumenge von 4 bis 7 kg (Zahl laut Sportstätten-Rechner) Gummigranulat pro m2 befinden sich auf einem üblichen Fußball-Kunstrasenplatz mit mehr als 7 000 m2 bis zu 50 Tonnen dieses Materials. „Aufgrund ihrer geringen Größe von maximal 2 bis 3 mm werden diese Kunststoffteilchen zum Mikroplastik gerechnet“, sagt Ralf Bertling, Abteilung Umwelt und Ressourcennutzung am Fraunhofer UMSICHT. „Heute wissen wir, dass Kunstrasenplätze aufgrund ihrer Verbreitung eine signifikante Mikroplastikquelle sind.“

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Probenentnahme auf dem Kunstrasenplatz © Fraunhofer UMSICHT

Untersuchung an zwei Standorten

Im Rahmen ihrer in Kooperation zwischen dem Fraunhofer UMSICHT und der Universität Osnabrück entstandenen Masterarbeit hat Sophie Rischmüller Kunstrasenplätze ganzheitlich untersucht. Sie hat u. a. ein Platzmonitoring durchgeführt, Proben entnommen und das Infill analysiert – an zwei Standorten, in Osnabrück und Oberhausen, mit unterschiedlich angelegten Plätzen. Die Platzanlage in Osnabrück Nahne befindet sich in einem ländlich geprägten Gebiet und ist mit Kork-Infill befüllt. Die Oberhausener Fritz-Collet-Anlage hingegen liegt in einem innerstädtischen, stark bebauten Stadtteil. Ihr Infill besteht aus einem polymeren EPDM-Granulat (EPDM = Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk). Auf beiden Plätzen wurden neben den Partikelgrößen, Emissionswegen und Verlustmengen auch der Transport und Verbleib des jeweiligen Infills ermittelt.

Informationen über Platzbeanspruchung und Bewegung

An jeweils fünf unterschiedlichen Stellen hat Sophie Rischmüller Proben vom Performance-Infill genommen: Eckpunkt, 16er, Torraum, Nähe Platzmitte und Platzrand. Das Material wurde anschließend gesiebt und mittels Partikelgrößenanalyse sortiert. Im frischen Zustand hat das Performance-Infill auf Kunstrasenplätzen eine Partikelgröße zwischen 0,5 und 2,5 mm. „Ergeben sich bei den einzelnen Größenfraktionen starke Schwankungen oder ist eine große Menge von Partikeln kleiner/gleich 0,5 mm zu erkennen, ist das Indikator für eine hohe Platzbeanspruchung und größenabhängige Partikelbewegungen zu werten“, so Ralf Bertling. Darüber hinaus gibt die Analyse Aufschluss über den Abrieb des Infills, möglichen Partikelverlust und den Pflegezustand eines Platzes.

Detaillierte Aussagen über das Transportverhalten konnten u. a. mithilfe eines neu konstruierten Windkanals und Analysen von Entwässerungsschächten getroffen werden. Versuche auf Kunstrasenplatz-Modellflächen unter verschiedenen äußeren Bedingungen haben gezeigt, dass neben Wind und Wasser die Nutzungsintensität einen besonders großen Einfluss auf den Infillverlust hat. „Die drei Faktoren stehen miteinander in Wechselwirkung und es kommt zu einer Effektüberlagerung“, erklärt Sophie Rischmüller.

Alternative Infillmaterialien für bestehende Kunstrasenplätze

Für den Einsatz in einen Gitterschacht: kombinierter Siebeinsatz mit feiner Maschenweite. © Fraunhofer UMSICHT

Die gesammelten Erkenntnisse dienen nun als Grundlage für Vereine und Kommunen, um individuelle Emissionsminderungsstrategien für ihre Sportanlagen zu entwickeln. Denn, obwohl der Neubau von Kunstrasenplätzen künftig ohne Kunststoff-Infill erfolgen soll, gibt es auf den bestehenden Plätzen weiterhin erhebliche Mengen davon, die potenziell in die Umwelt gelangen können.

Die Stadt Oberhausen zum Beispiel ist das Problem bereits angegangen und gleicht seit 2020 Infill-Verluste auf Kunstrasenplätzen nur noch mit Sand aus, anstatt EPDM-Material zu verwenden. Des Weiteren empfehlen Sophie Rischmüller, Ralf Bertling und Dr. Andreas Lechner vom Institut für Geographie der Universität Osnabrück, die Ökobilanz von alternativen Materialien ganzheitlich zu betrachten, um eine nachhaltig sinnvolle Entscheidung treffen zu können, was als geeigneter Ersatz von Kunststoff-Infill dienen könnte.

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