Produktpiraterie

Inka Krischke,

Negativpreis Plagiarius 2023 vergeben

Zum 47. Mal hat die Aktion Plagiarius am 3. Februar 2023 den gefürchteten Negativpreis Plagiarius an Hersteller und Händler besonders dreister Plagiate und Fälschungen vergeben.

Die Plagiarius-Trophäe ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase – als Symbol für die exorbitanten Profite, die die Produktpiraten sprichwörtlich auf Kosten kreativer Designer und innovativer Unternehmen erwirtschaften. © Aktion Plagiarius

Die Verleihung des Negativpreises ‚Plagiarius‘ fand im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Frankfurter Konsumgütermesse ‚Ambiente‘ statt. Die Auszeichnung mit dem Plagiarius sagt nichts darüber aus, ob das nachgemachte Produkt im juristischen Sinne erlaubt oder rechtswidrig ist. Ziel der Aktion Plagiarius ist vielmehr, die skrupellosen Geschäftsmethoden von Produkt- und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, und Industrie, Politik und Verbraucher für die Problematik zu sensibilisieren.

Alle Preisträger finden Sie hier in der Bildergalerie

Bevor die jährlich wechselnde Jury die Preisträger wählt, werden die vermeintlichen Plagiatoren über ihre Nominierung informiert und erhalten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Der Jury geht es nicht darum, legale Wettbewerbsprodukte zu brandmarken, sondern einen kritischen Blick auf plumpe 1:1-Nachahmungen zu richten, die dem Originalprodukt bewusst zum Verwechseln ähnlich sehen und die keinerlei kreative oder konstruktive Eigenleistung aufweisen. Erfreulicherweise hat auch dieses Jahr einer der Nachahmer eine Einigung mit dem Originalhersteller gesucht und Restbestände der Plagiate vom Markt genommen. Die Trophäe des Schmähpreises ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase. Letztere symbolisiert die immensen Profite, die ideenlose Nachahmer sprichwörtlich auf Kosten von Kreativen und innovativen Unternehmen erwirtschaften.

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Global und digital der Vertrieb, professionell und kriminell die Strukturen dahinter - Produkt- und Markenpiraterie ist ein lukratives Milliardengeschäft, auch für die organisierte Kriminalität. Wer bewusst Fälschungen kauft, unterstützt die verheerenden Strukturen: Plagiate und Fälschungen werden oftmals unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen hergestellt und verursachen teils existenzgefährdende Schäden bei innovativen Herstellern und dem autorisierten Handel. Das Gros der Billigkopien birgt ernsthafte Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltrisiken. Umso besorgniserregender ist der Trend, dass immer mehr Influencer auf TikTok & Co. explizit für gefälschte Designerware werben, den Kauf illegaler Produkte verharmlosen und Fakes als gesellschaftlich akzeptabel positionieren. Im gesamtgesellschaftlichen Interesse gehören die Bedeutung von sowie der Respekt vor geistigem Eigentum Anderer in jeden Lehrplan.

Die Macht der Verbraucher

Allein in der EU wurden 2021 laut Europäischem Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) und der Europäischen Kommission etwa 86 Mio. gefälschte Waren beschlagnahmt, ein Anstieg von fast 31 % gegenüber 2020. Und das sind nur die nachweislichen Aufgriffe, also die Spitze des Eisbergs. Den internationalen Handel mit Fälschungen bezifferten EUIPO und OECD für 2019 auf alarmierende 412 Mrd. Euro, was 2,5 % des Welthandels entspricht.

Je größer die Nachfrage, desto größer der Erfolg der Fälscher. (Ein-)Käufer haben somit die Macht, aber auch die gesellschaftliche Verantwortung, Fälschern ihre Geschäftsgrundlage zu entziehen. Und das im ureigensten Interesse. Nachgemachte Waren sind zwar in allen Preis- und Qualitätsabstufungen erhältlich, die meisten sind dem Original aber nur auf den ersten Blick täuschend ähnlich. Dass identisches Aussehen nicht automatisch die gleiche Qualität, Leistungsfähigkeit und Sicherheit bedeutet, belegen viele Produkte, die Zoll und Interpol bereits aus dem Verkehr gezogenen haben: Verunreinigte Parfums und Kosmetika, technische Produkte mit mangelhafter Elektronik, fehlerhaftes oder schadstoffreiches Kinderspielzeug, falsch oder gar nicht dosierte Medikamente und vieles mehr. Auch der VDMA, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau bestätigt, dass Fälschungen oftmals eine Gefahr für die Bediener von Maschinen und Anlagen oder eine Gefahr für den sicheren Betrieb der Anlage bedeuten.

Verantwortung des Handels

Wer Produkte vertreiben möchte, muss sicherstellen, dass diese den im Absatzgebiet geltenden Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltstandards entsprechen, und dass die Produkte frei von Rechten Dritter in Bezug auf Marken, Design, Patent oder Urheberrechte sind. Auch ein umfangreiches, häufig wechselndes Produktsortiment befreit die Verantwortlichen im Einkauf nicht von diesen Prüfpflichten. Eine sorgfältige Auswahl und Bewertung der Lieferanten sowie regelmäßige Qualitäts- und Sicherheitskontrollen sind unerlässlich. Insbesondere Discounter und große Handelsketten locken Kunden häufig in ‚Robin-Hood‘-Manier mit Versprechen à la ‚Schönes Design, für Jedermann bezahlbar‘. Dagegen ist nichts einzuwenden, sofern es sich um ein eigen(ständig)es Design handelt und das Argument ‚bezahlbar‘ nicht zu Lasten kreativer Designer und der Qualität geht. Eine faire Win-Win-Situation wäre zum Beispiel ein Lizenzvertrag oder ein Auftrag für den Designer.

Die Generation Z

Mit verblüffender Selbstverständlichkeit fordern junge Konsumenten in immer kürzeren Abständen attraktive Produktneuheiten – verfügbar 24/7 und möglichst zum Fast-Umsonst-Tarif. Originalität, Herkunft und Qualität spielen dabei nicht bei allen die größte Rolle. Mehr als jeder dritte jugendliche Europäer (37%) zwischen 15 und 24 Jahren hat schon mal vorsätzlich Fälschungen gekauft, so das ‚Jugendbarometer 2022 zum geistigen Eigentum‘. Das entspricht laut EUIPO mehr als einer Verdopplung in den letzten drei Jahren. Besonders gefragt sind gefälschte Kleidung, Schuhe, Accessoires sowie Elektronik. Hauptargumente sind der günstige Preis und die hohe Verfügbarkeit. Als besorgniserregend bezeichnet das EUIPO die deutlich gestiegene soziale Akzeptanz von Fälschungen sowie eine Gleichgültigkeit der Problematik gegenüber. Eine Ursache hierfür ist auch der zunehmende Erfolg sogenannter ‚Dupe Influencer‘.

‚Dupe Influencer‘ zeigen in Videos auf Instagram, YouTube und TikTok gefälschte Designer- und Luxusprodukte und empfehlen diese ihren jungen, leicht beinflussbaren Followern. Als vermeintliche ‚Vorbilder‘ verändern sie so deren Wahrnehmung von Fälschungen. Sie legitimieren den Verkauf rechtsverletzender Artikel und verharmlosen den Kauf ebensolcher als cool und akzeptabel. Mit ihrem Verhalten fördern sie nicht nur eine Kultur des ‚mehr Schein als Sein‘, sondern vor allem eine Kultur der Respektlosigkeit gegenüber Marken und den hinter Qualitätsprodukten stehenden Entwicklungsleistungen.

Angesichts dieser Entwicklungen begrüßt die Aktion Plagiarius eine aktuelle Initiative des EUIPO, bei der geistiges Eigentum für Schüler:innen anhand von leicht verständlichen Lehrmaterialien greifbarer gemacht werden soll. Ziel ist, junge Menschen zu verantwortungsbewussten digitalen Bürger:innen zu erziehen, die Respekt für die eigenen Ideen und die Ideen anderer entwickeln. Geistiges Eigentum beinhaltet jede intellektuelle Leistung, die sich in einem einzigartigen neuen Werk präsentiert - sei es Mode, ein Produktdesign, eine technische Lösung, Kunst oder ein kulturelles Stück.

Digitale Markenverletzungen erfordern digitale Schutzstrategien

Laut Europol werden gefälschte Produkte zunehmend über eCommerce-Plattformen, soziale Medien und Instant-Messaging-Dienste beworben und vertrieben. Und die Ausprägungen digitaler Markenverletzungen werden immer vielfältiger – von klassischen Plagiaten, Fälschungen und Urheberrechtsverletzungen über Domainklau und Markenmissbrauch (zum Beispiel Fake AdWords) bis zu komplettem Identitätsdiebstahl und Fake-Shops. Mit viel krimineller Energie werden Reputation und Know-how renommierter Hersteller ausgenutzt und deren Marken und Glaubwürdigkeit geschwächt.
Für Unternehmen bedeutet das: Es reicht nicht mehr, einfach nur gewerbliche Schutzrechte in allen relevanten Märkten anzumelden. Digitale Markenverletzungen erfordern digitale Schutzstrategien. Dazu gehören unter anderem ein gut durchdachtes Domain-Portfolio, KI-gestütztes Online-Monitoring zum Aufspüren und Beseitigen rechtsverletzender Angebote sowie der Einsatz von Prüfsiegeln für autorisierte Online-Händler.

Um einheitliche und verbindliche Regeln für das Internet zu definieren, hat die EU 2022 den Digital Service Act (DSA) verabschiedet. Dieser sieht unter anderem vor, dass Verbraucher zuverlässig vor illegalen Inhalten und gefälschten Produkten geschützt werden sollen und Markeninhaber ihr geistiges Eigentum besser verteidigen können. Bei der Umsetzung in nationales Recht müssen jetzt klare Regeln für die Rechtsdurchsetzung fest-gelegt werden.

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