Spritzgießer automatisiert mit ERP

Meinolf Droege,

Überblick behalten von der Produktion bis zum Lager

Im 50. Jahr des Bestehens hat Spritzgießer Rekuplast nicht nur ein neues Gebäude bezogen. Bei der Gelegenheit wurde auch die gesamte Produktionsinfrastruktur modernisiert und ein neues ERP-System implementiert.

Effiziente Betriebsabläufe: Die ERP-Software trägt dazu bei, dass die Produktionsprozesse besser aufeinander abgestimmt sind. © Rekuplast

Mit Serien zwischen 200 und 30 Millionen beliefert Rekuplast vor allem die Autobranche sowie den Maschinenbau und die Medizintechnik. Bauteile mit hoher Geometriekomplexität und Toleranzanforderung, wie Zahnräder, oder Artikel, die in der Herstellung prozesstechnisch besonders anspruchsvoll sind, wie vakuolenfreie Lichtleiter für die Automobilproduktion gehören dazu. Geschäftsführer Alexander Schraag setzt auf die Steigerung des Automatisierungsgrads der Betriebsabläufe. Meilensteine in diesem Zusammenhang seien die Installation eines neuen Portalförderers mit angebundenem Wiegesystem und die Implementierung eines neuen ERP-Systems gewesen.

Bei der Auswahl der Software haben sich die Verantwortlichen bei Rekuplast für Sage Wincarat entschieden. Die Lösung wurde laut Anbieter speziell für die Kunststoffindustrie und damit auch für die Abbildung produktionsbezogener Spezifika wie Kavitäten, Wechseleinsätze, Schussgewicht und Anguss entwickelt. Ein wichtiges Argument dafür sei die Vielzahl der möglichen Schnittstellen, über die zusätzliche Komponenten, Module und Funktionen in das System integriert werden können. Hier plant Alexander Schraag bereits für die Zukunft und denkt an die Einbindung weiterer Systemkomponenten, wie einem Produktionsleitsystem (MES), einer rechnerunterstützten Qualitätssicherung (CAQ) sowie einem System zur Materialflusssteuerung.

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Neues ERP-System hebt Automatisierungspotentiale

Herzstück der neuen Fertigungsinfrastruktur ist ein Portalförderer mit angebundenem Wiegesystem. Die Daten von der Waage gelangen direkt in die Datenbank mit den Warenbeständen. © Rekuplast

Hinsichtlich der stärkeren Automatisierung wichtiger Fertigungsbereiche leistet der neue Portalförderer mit angeschlossenem Wiegesystem zwar den entscheidenden Beitrag. Doch auch diese neu gewonnen Effizienzpotentiale können erst dank ERP voll ausgeschöpft werden. Im Vergleich zum alten Portalförderer-System werden nun die Artikelbehälter nicht nur vom Portalförderer abtransportiert, sondern dort auch gleich gewogen und das Wiegeergebnis automatisch an das ERP-System übermittelt. Die Waage errechnet die Anzahl der produzierten Teile, die von der Maschine in den Behälter fallen, indem sie das Einzelgewicht des gerade produzierten Artikels und das Gesamtgewicht des vollen Behälters ins Verhältnis setzt. Dieses Ergebnis wird automatisch in das Warensystem des Unternehmens eingebucht. „Vorher lief das Wiegen und die Verbuchung der produzierten Artikel in unser System händisch – verbunden mit der entsprechenden Fehleranfälligkeit. Die Kopplung des Portalförderers und der Waage an unsere Datenbank mit den Warenbeständen war mit unserem alten ERP-System nicht so ohne weiteres möglich. Jetzt ist es uns möglich geworden, die Produktionsabläufe im dem Maße zu automatisieren, wie wir es getan haben“, erläutert Alexander Schraag. Rekuplast hat damit nicht nur seine Betriebskosten gesenkt. Auch die Kunden profitieren davon, denn diese kann das Unternehmen somit auch in Zukunft zu attraktiven Konditionen beliefern. Zudem verfügen die Verantwortlichen im Betrieb mit dem neuen System nun auch über verlässlichere Kennzahlen zur Leistungsmessung der produktiven und logistischen Prozesse. Dies ist vor allem im Austausch mit den Geschäftspartnern aus dem Automobilsektor von besonderer Bedeutung, wo die Erhebung entsprechender Daten eine wichtige Rolle spielt. Aber auch für das Unternehmen selbst wird damit eine spürbar zuverlässigere Feinplanung der Produktion im Vergleich zu dem alten ERP-System möglich, was die Effizienz der Betriebsabläufe zusätzlich steigert.

Die Implementierung von Wincarat startete im Frühjahr 2017 und dauerte ein knappes halbes Jahr. Hierbei arbeiteten die Verantwortlichen bei Rekuplast eng mit den Beratern von Sage zusammen, die insbesondere für die gesamte Systemmigration – inklusive der Überführung der vorhandenen Datenbestände in das neue System – und die Anwenderschulungen verantwortlich zeichneten. Alexander Schraag: „Bei der Implementierung des Produktionsplanungs- und Steuerungssystems (PPS), also unserer gesamten Fertigungssteuerung war es uns wichtig, die Arbeitspläne und die Betriebsmittel im Sinn einer punktgenauen Kapazitätssteuerung so passgenau wie möglich zu disponieren. Bei der Definition der für die Kapazitätsplanung zugrundeliegenden Datensätze hat uns Sage im Vorfeld sehr gut beraten.“ Neben allen PPS-bezogenen Prozessen erfasst das System sämtliche Vorgänge der Stammdatenverwaltung, Auftragsbearbeitung, Arbeitsplanung, Beschaffung, Qualitätssicherung, Formenbau und Logistik, die bei Rekuplast den gesamten Wareneingang und Versand sowie die Lagerverwaltung umfasst.

Einstieg mit dem Thema Inventur

Geschäftsführer Alexander Schraag: Jetzt ist es uns möglich geworden, die Produktionsabläufe im dem Maße zu automatisieren, wie wir es getan haben.“ © Rekuplast

Die Inventur als Teilbereich der Lagerlogistik war es, mit der die Einführung begann, ehe das System auf weitere Bereiche bis zur PPS ausgerollt wurde. Alexander Schraag begründet das: „Wir haben mit der Implementierung ganz bewusst im Bereich der Lagersteuerung begonnen. Damit waren unsere Mitarbeiter mit der Steuerung der Buchungs- und Umbuchungsprozesse und des gesamten Materialflusses vom Start weg vertraut und konnten sich dann ausgehend davon langsam an die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Software gewöhnen.“ Zudem haben die Verantwortlichen auch gleich ein schon länger vorhandenes Problem gelöst: Die Erfassung und Bewertung der Lagerbestände war mit der alten Software relativ aufwändig. Die Mitarbeiter beschäftigten sich faktisch mit jedem Artikel individuell. So musste beispielsweise für jedes einzelne Bauteil ein eigener Inventurwert identifiziert und zugeordnet werden. Folgende Fragen standen hierbei im Fokus: Wie lange ist Artikel X schon nicht mehr verkauft worden? Oder: Wo liegt der Einkaufspreis für Artikel Y? Das heißt die Inventur erfolgte in Handarbeit, was nicht nur viel Zeit kostete, sondern auch fehleranfällig war und zu steigenden Ungenauigkeiten von einer Inventur zur anderen führte.

Mit der neuen Lösung gehört dies der Vergangenheit an. Sie biete von vornherein verschiedene Optionen an, mit denen sich die Artikel pauschal bewerten lassen. Im Ergebnis führe dies zu einer Inventur auf Knopfdruck, bei der die Bewertungssystematik von Wincarat im Hintergrund genutzt wird, die automatisch abläuft. Das System errechnet automatisch, wie beispielsweise ein Artikel, der schon länger nicht mehr verkauft wurde, neu zu bewerten und gegebenenfalls vom Preis her anzupassen ist.

Insgesamt habe die Einführung des neuen ERP-Systems zu einer spürbaren Vereinfachung der Betriebsabläufe und zu mehr Effizienz im Produktionsprozess geführt. Diese Arbeitserleichterungen wirken sich auch auf die Akzeptanz des neuen Systems in der Belegschaft aus. „Mitarbeiter, die täglich mit der ERP-Software arbeiten, können ihre Arbeit mit dem neuen Programm definitiv einfacher und schneller erledigen“, berichtet Alexander Schraag und fügt hinzu: „Als nur sporadischer Nutzer des Programms benötige ich aber nach wie vor meinen persönlichen Spickzettel, aber das wird sich in Zukunft sicherlich auch noch bessern.“

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