Weiterbildung – von Forschung und Zertifizierung profitieren
SKZ Würzburg vernetzt die Dienstleistungsbereiche
Seit 54 Jahren bietet das Kunststoff Zentrum (SKZ) Bildungsmaßnahmen und Entwicklungsdienstleistungen für die Kunststoffbranche an. Heute gehört es mit unterschiedlichen Dienstleistungen zu den größten Anbietern – und ist schon seit vielen Jahren nicht mehr nur in Süddeutschland aktiv. Wie können Unternehmen vom SKZ profitieren? Das Kunststoff Magazin hat nachgefragt bei Marco Thornagel, verantwortlich für den Bereich Tagungen und Seminare.
Herr Thornagel, geben Sie uns bitte einen ganz kurzen Überblick über die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten am Kunststoff-Zentrum SKZ.
Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihre Schweißer-Qualifikation vertiefen, Ihre Fachausbildung durch die Weiterbildung zum Industriemeister Kunststoff-Kautschuktechnik veredeln, sich mit der Anwendung neuester Spritzgieß- oder Compoundiertechnik praktisch vertraut machen, sich eine solide fachliche Basis als Konstrukteur von Kunststoffanwendungen aufbauen oder in entspannter Atmosphäre die relevanten Experten Ihrer Branche zum vertieften Fachsimpeln und Networking treffen. Sie merken schon, so ganz kurz lässt sich nicht darstellen, welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten die Branche am SKZ findet. Vielleicht verdeutlichen ein paar Fakten, warum sich so viele Firmen für das SKZ als Partner in Sachen Aus-und Weiterbildung entscheiden: In Würzburg und an den vier weiteren SKZ-Standorten in Deutschland, finden jedes Jahr etwa 25 Fachtagungen, etwa 70 Fachseminare, über 120 praktische Lehrgänge zu allen Verfahren der Kunststoffverarbeitung und noch einmal mehr als 750 Lehrgänge rund um das Fügen von Kunststoffen statt. Wir begrüßen so jedes Jahr etwa 10.000 Teilnehmer und sind seit über 50 Jahren der zuverlässige Aus- und Weiterbildungspartner der Kunststoffindustrie. Diese Erfahrung gibt unseren Teilnehmern die Sicherheit, genau die relevanten Informationen und Kenntnisse zu erhalten, die sie in ihrer täglichen Praxis nach vorne bringen.
Das SKZ bietet neben den von Ihnen genannten Bildungsmaßnahmen verschiedene Forschungsaktivitäten für die Industrie, Zertifizierungen und diverse Beratungsleistungen. Welchen Nutzen ziehen die Weiterbildungsangebote aus dieser Konstellation?
Die globalen Prüf-Aktivitäten des SKZ sind an dieser Stelle zusätzlich zu nennen. Aber Sie haben Recht, die Aus- und Weiterbildung ist ein Standbein des SKZ und parallel gibt es weitere. Genau in dieser Konstellation liegt der Nutzen für unsere Weiterbildungsteilnehmer. Eine Weiterbildung ist nur dann wirksam, wenn sie dem aktuellen Bedarf des Kunden entspricht, wenn der Teilnehmer über seinen persönlichen Tellerrand hinausblicken kann und etwas Neues lernt. Unsere Weiterbildungsangebote müssen also nicht nur topaktuell, sondern grundsätzlich der Industrie einen kleinen Schritt voraus sein. Das ist die Grundvoraussetzung für praxisnahe – ich sage lieber praxiswirksame – Aus- und Weiterbildung. Unsere enge Verzahnung mit den Kollegen der anderen SKZ-Bereiche garantiert genau dies. Die Kollegen sind in Ihrem Tagesgeschäft ganz dicht am Kunden, an den Branchen und ihren spezifischen Problemen und Herausforderungen. Durch unsere interne Vernetzung wissen wir daher rechtzeitig, wo in den einzelnen Branchen die Reise hingeht, ermitteln so den Bedarf und entwickeln unser Angebot immer mit dem Fokus auf den Kunden-Nutzen.
Können Sie uns ein konkretes Beispiel für mögliche oder genutzte Synergien zwischen den Bereichen nennen?
Wie lange haben wir für das Interview Zeit? (lacht) Lassen Sie mich drei Beispiele nennen:
Unsere Kollegen in der Forschung haben vor einigen Jahren begonnen, die Thermografie konsequent in die Prozessüberwachung und Prozesskontrolle beim Spritzgießen einzubinden. Ziel der Arbeiten war es, Produktionsfehler rechtzeitig zu erkennen, prozessbedingte Ursachen zu verstehen und schadhafte Teile zuverlässig aus der Produktionslinie auszusortieren. Nach ersten Ergebnissen und deren anschließender Publikation auf unseren Fachtagungen, entstanden Industriekontakte und die Forschungsergebnisse wurden in die industrielle Praxis umgesetzt. Die Themenmischung auf der Tagung war also gelungen und das Networking hat gut funktioniert. Aber es geht noch weiter. Mittlerweile gibt es immer mehr Anfragen aus der Industrie, wie man Thermografie für die Inline-Qualitätssicherung praktisch einsetzt und mit solchen Systemen im Produktionsalltag sinnvoll umgeht. Aufgrund dieser Nachfrage, haben wir seit einiger Zeit auch einen speziellen Praxislehrgang für Spritzgießer mit Schwerpunkt Thermographie in unserem Angebot.
Kommen wir zu einem aktuellen Hype-Thema, der Additiven Fertigung. Hier ist es ganz ähnlich abgelaufen: Die Kollegen haben umfangreiche Forschungsaktivitäten zur Additiven Fertigung gestartet – ich empfehle Ihnen einen Besuch des Technikums, es ist beeindruckend. Als dann erste Ergebnisse publizierbar waren, haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, was wir damit in der Aus- und Weiterbildung machen. So entstand das Forum: „Additive Serienfertigung – der 3D-Druck wird erwachsen“. Eine Veranstaltung, die Praxis und Forschung auf spannende Weise miteinander verbindet und sich bereits zu einem Branchentreff entwickelt. Dieses Jahr findet sie am 13. und 14. April statt, Sie sind herzlich willkommen, Herr Droege. Aufgrund der spannenden Ergebnisse unserer Forschungskollegen und der erfolgreichen Tagung, erweitern sich Reichweite und Sichtbarkeit und die Geschichte wiederholt sich: Die Nachfrage steigt und so finden Sie in diesem Jahr erstmals einen Praxislehrgang zu den gängigen 3D-Druck-Verfahren in unserem Angebot.
Und ein drittes Beispiel für interessante Synergien zwischen den Bereichen: Die Kollegen der Inspektionsstelle am SKZ sehen weltweit Schadensfälle und deren Ursachen beispielsweise an Geokunststoffen oder Kunststoffrohren. Parallel erarbeiten sie Methoden, wie übliche Langzeitbelastungen, etwa Erdeinbau, Temperaturwechsel oder Bewitterung, durch zeitraffende Versuche aussagekräftig geprüft werden. Der Branchenbedarf ist erkannt und zuverlässige Prüftechnik ist entwickelt, was noch fehlt, ist der fachliche Austausch mit der Branche, um den aktuellen Entwicklungsstand zu kommunizieren, um den Anwendern Sicherheit bei dem Einsatz von Kunststoffsystemen zu geben, um die Weiterentwicklung von Normung und Prüfung zu forcieren, usw. Hier erarbeiten wir gerade gemeinsam eine neue Tagung „Nutzungsdauer erdverlegter Produkte“, für die Sie sich am 8. und 9. November 2016 Ihren Kalender freihalten sollten.
Welche Trends stellen Sie bei den Themen der Bildungsangebote der beiden letzten Jahre fest? Welche Angebote wird das SKZ in den beiden nächsten Jahren verstärken?
Das ist eine spannende Frage, denn einen Haupttrend sehe ich im Wachstum des Weiterbildungsangebots. Die Zahl der Anbieter und der Angebote steigt stark und jemand, der eine Weiterbildung sucht ist schnell „overnewsed but underinformed“. Weiterbildung der Mitarbeiter kostet viel Zeit und Geld und muss für das Unternehmen eine spürbare Wirkung haben. Das heißt: Wir sprechen auch in der Aus- und Weiterbildung über Qualität und Qualitätssicherung und darüber, dass es Qualität nicht umsonst gibt. Unsere Kunden schätzen den einzigartigen praktisch-fachlichen Hintergrund, den das SKZ als Weiterbildungsanbieter auszeichnet, sowohl auf Trainer-Ebene, als auch auf Organisations- und Führungsebene – verstärkt durch die Quervernetzung mit den anderen SKZ-Bereichen. Diese Alleinstellungsmerkmale bauen wir konsequent weiter aus und verraten auf der K-Messe an unserem Stand H15 in Halle 10 noch mehr darüber.
Schauen wir etwas weiter in die Zukunft, werden die Themen webbasiertes Lernen, schnelles Lernen, – und damit Online-Angebote – wichtiger. Auch wenn wir am SKZ davon überzeugt sind, dass die Präsenzveranstaltung die effektive Veranstaltungsform ist, erlaubt das Tagesgeschäft schon heute vielen Fach- und Führungskräften nicht mehr, sich für mehrere Tage für eine Weiterbildung auszuklinken. Wir arbeiten an attraktiven Antworten auf diese veränderten Randbedingungen.
In den fachlichen Themen gibt es Lebenszyklen wie Sie es von anderen Produkten auch kennen. Aktuell sind Veranstaltungen zu Themen wie Industrie 4.0 und Additive Fertigung angesagt. Aber auch unser Kongress „Kunststoff in E&E-Anwendungen“ sowie klassische Werkstoffthemen wie Siliconelastomere oder TPE sind echte Dauerbrenner. Qualität ist für die Kunststoffindustrie ein wichtiges Thema – ebenso für uns. Wir veranstalten dazu in diesem Jahr erstmals den Qualitätsgipfel Kunststoff: QuK 2016.
Andererseits sehe ich einen klaren Trend zu Grundlagenthemen. Die Kunststoffindustrie ist für Quereinsteiger auf allen Fach- und Hierarchieebenen hoch attraktiv und wir sehen in diesem Bereich sehr erfreuliche Teilnahmezahlen in allen Veranstaltungsformen. Der vieldiskutierte Fachkräftemangel und selbst die aktuelle Flüchtlingssituation sind Themen, mit denen wir uns intensiv auseinandersetzen. Da ist beispielsweise einerseits ein starker Bedarf der Industrie an Hilfskräften für die Produktion, die eine Mindestqualifikation brauchen und andererseits sehen wir ein aktuelles Angebot ungelernter Kräfte. Also haben wir mit dem Training zum Produktionshelfer eine Qualifikationsmaßnahme entwickelt, die ungelernte Mitarbeiter auf ein vernünftiges fachliches Niveau bringt, so dass sie in der Produktion zuverlässig einsetzbar sind.
Das SKZ
Gegründet 1961 in Würzburg, beschäftigt es heute mehr als 300 Mitarbeiter an zwei Standorten in Würzburg und vier weiteren Standorten in Halle, Horb, Peine und Selb. Unterstützt wird es von mehr als 370 Mitgliedern der Fördergemeinschaft für das Kunststoff-Zentrum. Das SKZ ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) sowie Gründungsmitglied der Zuse-Gemeinschaft.