Kunststoffverarbeitung
Risiken und Nebenwirkungen vermeiden
Spritzgießteile für die Biotechnologie- und Medizintechnik zu produzieren heißt immer auch, besondere Qualitäts- und Dokumentationsanforderungen zu erfüllen. Um das spezielle Entwicklungs- und Spritzgieß-Know-how dauerhaft zu sichern und fort zu schreiben, hat der Sartorius-Konzern im Jahr 2007 den bereits über viele Jahre für das Unternehmen produzierenden Spritzgießer Toha Plast gekauft. Seitdem sind die Umsätze und Mengen weiter gestiegen. Außerdem wird die Bekanntheit das seit mehr als 20 Jahren in der Medizintechnik etablierten Spritzgießers genutzt: Unter dem Label Tohamed werden weiterhin Produkte gefertigt und an Kunden außerhalb der Sartorius-Gruppe vertrieben. So liegt das Hautklammergerät ebenso ergonomisch in der Hand, wie die zahlreichen Schlauchsegmentöffner, die im medizinischen Bereich für hohen Infektionsschutz und hygienisch einwandfreie Bedingungen sorgen. Entsprechend der hohen Anforderungen von Biotechnologie und Medizin werden aktuell jährlich über 50 Millionen Kunststoffteile mit Gewichten zwischen 0,1 und 400 Gramm unter Reinraumbedingungen produziert.
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Qualität für hohe Ansprüche
Zertifizierungen nach DIN ISO 9001:2000, ISO 13485:2003 und CE sowie die Registrierung bei der US-Arzneimittelzulassungsbehörde FDA (Food an Drug Administration) sind vorhanden, um auf nationalem und internationalem Markt agieren zu können. Um die den Normen, Bestimmungen und speziellen Kundenanforderungen sicher zu genügen, nutzt die Sartorius Stedim Plastics GmbH, in der die Aktivitäten zusammengefasst sind, ein integriertes Softwaresystem.
Bis 2006 – und somit bis kurz vor der Eingliederung in den Sartorius-Konzern – erfasste das Team zur Qualitätssicherung rund um Qualitätsmanager Norbert Böttcher alle Daten täglich per Hand in Excel-Tabellen. Entsprechend sortiert, entstand so eine immense Daten-Bibliothek, deren Umfang sich mit jährlich 40.000 Neuzugängen drastisch steigerte.
Um Ergebnisse und Erkenntnisse der Qualitätsstatistik in die Fertigungsoptimierung und zur Verbesserung der Prozesssicherheit nutzen zu können, waren akribische Auswertearbeiten erforderlich. Nur mit hohem Aufwand wurden gesicherte und aussagekräftige Zusammenhänge und Ergebnisse sichtbar. „Wollten wir beispielsweise die Abhängigkeit zwischen Prüfmaßen und dem Schmelzindex des Granulats auswerten, mussten wir mindestens einen Arbeitstag für das Zusammenkopieren einzelner Daten und Listen opfern“, weiß Herr Böttcher zu berichten. „Wir erstellen heute 400 unterschiedliche Produkte. Allein für die interne Weiterverarbeitung bei Sartorius sind dies in den Jahren der Zusammenarbeit 300 Millionen Kunststoffteile. Um hier alle Einzelheiten und Besonderheiten erfassen zu können, war der Umstieg auf die computergestützte Qualitätssicherung (CAQ – Computer Aided Quality) ein für uns mehr als notwendiger Schritt.“
Systemauswahl mit System
Der denn auch mit gewohnter Systematik geplant und gegangen wurde. Eine intensive Prüfung mehrerer in Frage kommender Systeme für das Qualitätsmanagement, zur Erfassung und transparenten Darstellung aller relevanten Fakten und Auswertungen „auf Knopfdruck“ legte die Basis. Dem ersten Sondieren des Marktes folgte die schnelle Reduzierung auf zwei potenzielle Anbieter. Neben der Technik spielten auch tiefer gehendes Anwendungswissen des Lieferanten bei der Festlegung auf ein System eine ausschlaggebende Rolle. „Wir suchten einen Partner, der sowohl über Erfahrungen in unserer Branche als auch über die Möglichkeit zur Individualisierung von Funktionen verfügt, und trotzdem zu 100 Prozent am Standard der Software zu bleiben“, erklärt Norbert Böttcher das schnelle „Sieben“ des ursprünglich dichten Anbieterfeldes.
Angesichts der Vielzahl der Anforderungen und Bewertungskriterien fiel die Entscheidung bei Sartorius bereits nach der ersten Präsentation in Göttingen: „Interessante Referenzen im Bereich Kunststoffspritzguss hatte die CAQ AG Factory Systems zu bieten. Darüber hinaus wurden uns Berichte über den Einsatz im Reinraum, der Medizin und der Pharmazie vorgelegt“, berichtet der Qualitätsverantwortliche im Hause Sartorius rückblickend.
Ausgehend von den aktuellen Anforderungen, orderte der frisch in den Sartorius-Konzern eingegliederte Geschäftsbereich im Jahr 2007 eine individuell auf seine Bedürfnisse abgestimmte Standardsoftware zur Qualitätssicherung. Es wurde ein eher „schlankes“ System für den Erst-Einsatz definiert, welches bis heute gezielt funktional erweitert wird. So entschied man sich zunächst für eine reduzierte Fassung in Form der Kernsoftware CAQ-Compact für Qualitätsplanung, -prüfung und Auswertung mit dem ergänzenden Modul EMP/PPAP (Erstmusterprüfung, PPAP/PPF mit CAD-Kopplung) und dem Modul PMM, das Prüfmittelmanagement mit MSA und VDA 5-Eignungsnachweis abbildet. Innerhalb eines Jahres folgten bereits Ergänzungen: QBD für das qualitätsbezogene Dokumentenmanagement, REM mit dem Reklamations-, Beschwerde- und Service-Management), APQP (Advanced Product Quality Planning/Control Plan), FMEA mit Fehlermöglichkeits- und Einfluss-Analyse, QAM mit den Funktionen Audit- und Checklisten-Management sowie PMS für die vorbeugende Instandhaltung und QDrive als Instrument für die zentrale Qualitätssteuerung. Während die modulare Bauweise der Software bereits im Vorfeld auf Fragen hinsichtlich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses die positiven Antworten brachte, erkannte man in Form der deutlich reduzierten Zeiten das bis dato händischen Auswertens ergänzendes Sparpotenzial: Bereits mit der ersten Testauswertung wurden quasi auf Knopfdruck alle relevanten Daten zu einzelnen Chargen oder konkreten Werkstücken zusammengetragen und ausgewertet. Im Sinne der lückenlosen Nachverfolgbarkeit gibt das System nun innerhalb von Sekunden Antwort auf Fragen zu Werten der Erstbemusterung, der stichprobenartig erfassten Prüfmaße oder der Details der Auslieferung und Weiterverarbeitung.
Service und Austausch
Die Software bot laut Anwender alle Voraussetzungen, um die schnelle Amortisation zu gewährleisten. Um das abzusichern, wurde entschieden, auch einen Software-Wartungsvertrag gleichzeitig mit dem Ersteinsatz des Systems zu ordern: Neben den hierin enthaltenen Schulungen und Updates der Software setzt Norbert Böttcher, wie fast alle Anwender auf den Zusatz-Nutzen der Anwender-Workshops, die er und sein Team regelmäßig besuchen, um Neuerungen und Möglichkeiten der Software auszuloten und sich mit Anwendern aus vergleichbaren oder ergänzenden Branchen gezielt und auf „dem kleinen Dienstweg“ auszutauschen. Schließlich muss man nicht jedes Rad selbst neu erfinden.´´
„Die Nähe zu anderen Anwendern ist für alle Beteiligten bares Geld wert“, bekräftigt Norbert Böttcher. „Die ergänzenden Gespräche mit Anwender-Kollegen außerhalb des eigenen Betriebes oder auch außerhalb der eigenen Branche, bieten interessante Ansatzpunkte, mit denen wir unser Qualitätsmanagement ergänzend optimieren können.“ Darüber hinaus fließen die hier diskutierten Anregungen auch in die Software-Programmierung ein, die die Anwender wiederum in Form von Updates nutzen können. Dementsprechend gerne beantwortet Norbert Böttcher dann auch Fragen anderer Nutzer zur speziellen Anwendbarkeit der Software: „Wer weiß, vielleicht liefern die dortigen QMs ja wiederum ergänzende Inputs, die dann schließlich allen Anwendern in Form von Updates zur Verfügung gestellt werden können…“