Heißkanaldüsen
Eine sehr runde Sache
Präzisionsdichtring mit Vollheißkanal von Innen angespritzt. Ein spezielles Werkzeugkonzept zum Spritzen von Dichtungen mit außergewöhnlich hohen Anforderungen wurde für die Berliner Weha realisiert. Sie werden heute von innen mit sechs Anspritzpunkten und damit ohne Angussspinne gefertigt.
Matchmaker+
Bislang waren bei der Produktion vergleichbaren Kunststoffartikel verschiedene Probleme zu bewältigen. Ungenügende Rundlaufgenauigkeit, Höhenschlag, Kaltbruch oder Lufteinschlüsse zu vermeiden bzw. bei geringen Toleranzen zu beherrschen, stellt der Fertigungstechniker vor einige Herausforderungen. Weiter Schwierigkeiten bereitet die durch den Einsatz von Kaltkanälen kaum zu beeinflussende Artikelfüllung. Nicht zu vergessen ist die Luft in den Angusskanälen und von der Maschinendüse an, vor der Schmelze hergeschoben durch die Angussbohrungen in die Kavität gepresst wird.
Das mit Abstand größte Verbesserungspotenzial im Fertigungsprozess des Dichtrings liegt allerdings eindeutig in der Materialverschwendung in Form von zwangsläufig anfallenden Angüssen. Im Falle des Dichtrings wurde bislang eine Angusspinne mit sechs Anspritzpunkten und 14 Gramm Gewicht pro Schuss in Kauf genommen, wobei der zu produzierende Ring weniger als die Hälfte wiegt.
Filigrane Geometrie und enge Toleranzen
Der Dichtring weist bei 200 Millimeter Durchmesser, 8 Millimeter Höhe und ein Millimeter Wanddicke bei 6,25 Gramm Gewicht auf. Verarbeitet wird ein Polyamid mit 35 Prozent Glasfaseranteil. Die geforderten Toleranzen sind sehr eng, da sie die Dichtigkeit und Lage des Folge-Artikels garantieren müssen. Die Abrisse dürfen nicht über die Kontur hinaus ragen, da dies die Funktionalität des Rings beeinträchtigen würde. Die physikalisch nicht zu eliminierenden Zusammenflussnähte sowie die Anspritzpunkte dürfen in ihrer Kerbwirkung die Festigkeit des Ringes nicht relevant beeinträchtigen.
Der Dichtring wird in einem 1-fach Werkzeug produziert. Gefordert war, das Werkzeug so aufzubauen, dass eine möglichst kleine Maschinengröße zur Produktion genutzt werden kann. Da die geringe projizierte Fläche des Rings relativ gering ist, ergeben sich nur geringe Auftriebskräfte. Beim Werkzeugaufbau wurde aufgrund der Hinterschnitte am Bauteil eine Schieberlösung gewählt.
Heißkanalsystem als Kern der Lösung
Einen konstruktiven Vorteil bietet die platzsparende Bauform der Star-Line Flachdüsen in der freidimensionalen Ausführung. Sie benötigen nur einen vergleichsweise kleinen Einbauraum und erlauben dadurch beispielsweise Kunststoffartikel mit nur einem Anspritzpunkt seitlich anzubinden. Außerdem bieten die Düsen mit ihren unterschiedlichen Bauformen einige Freiheiten hinsichtlich der möglichen Anordnung in der Form. So können die Lage des Anspritzpunktes, die Länge der Düsen und die Anordnung innerhalb des Werkzeugs frei gestaltet werden. Dies ermöglicht, den Artikel genau dort anzubinden, wo es die Artikelgeometrie erfordert, und nicht dort, wo das Werkzeug es aus Platzgründen zulässt. In diesem Fall wurde eine sternförmige Anordnung mit sechs einzelnen Düsen gewählt, die an den Aufbau eines Sternmotors erinnert.
Ein essentieller Vorteil des Heißkanalsystems ist die Kompensation der Längenausdehnung innerhalb des Systems. Das Problem von „wandernden Anspritzpunkten“ und Langlöchern tritt somit nicht auf. Einen weiteren Vorteil liefert das präzise thermische Profil der Düsen: Es erlaubt auch bei anspruchsvollen Anwendungen mit Materialien wie technischen Kunststoffen oder gefüllten Kunststoffen eine seitliche Anspritzung zu realisieren. So war die Verarbeitung des mit 35 Prozent Glasfasern verstärkten Polyamids im Fall des Dichtungsrings kein Problem.
Das Prinzip der hier gewählten Düsenanordnung lässt sich nicht nur für die Produktion von Ringen nutzen, sondern auf andere Anwendungsgebiete übertragen. So können beispielsweise die Innenanspritzungen von Behältern, Töpfen, Gehäusen und anderen Bauteilen konstruktionsbedingte Probleme vremeiden. Der Ring hätte unter Einsatz baugleicher Düsen auch mit sechs Anspritzpunkten von außen angebunden werden können, wenn der Artikel dies erfordert hätte.
Weniger Abfall – geringere Toleranzen
Der Kunde konnte durch das Wegfallen der Angüsse seinen Materialeinsatz massiv verringern, somit die Wirtschaftlichkeit der Produktion steigern. Zudem bietet die konstruktive Lösung des Heißkanals mehrere Produktionsvorteile. Vor allem die Maßstabilität des Spritzgießteils, die für dessen spätere Funktion absolut notwendig ist, sowie die Planlage und Verzugsarmut sorgen für hohe Produktqualität.