Schwindung glasgefüllter Compounds
Ist Maßhaltigkeit berechenbar?
Der Einsatz thermoplastischer glasfasergefüllter Compounds ist weit verbreitet. Sie finden sich unter anderem in anspruchsvollen Anwendungen, wo es auf Planarität und Passgenauigkeiten bei Fugen ankommt, also beispielsweise im Automobilbau. Der Druck zur Kostenoptimierung führt zunehmend zur Substitution von Anwendungen aus Polyamid durch PP-basierte, glasfaserverstärkte Compounds.
Dem Preisvorteil durch den Einsatz verstärkter Compounds steht andererseits anisotropes Materialverhalten gegenüber. Durch die von der Faserorientierung abhängige Schwindung und Nachschwindung wird die generelle Herausforderung an die exakte Maßhaltigkeit noch größer. Die Kunst des Werkzeugbauers besteht darin, die richtungsabhängige Schwindung und Nachschwindung bereits im Vorfeld der Werkzeugauslegung zu berücksichtigen, um Kosten für teure Werkzeugänderungen oder Nacharbeit an den Fertigteilen zu vermeiden. Die Spritzgießsimulation kann für die Werkzeugauslegung wichtige Eckdaten liefern.
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Das Kunststoff-Zentrum Leipzig (KuZ) hat systematisch vergleichende Versuchsreihen mit PP- und PA-Compounds mit variierendem Glasfasergehalt durchgeführt. Grundlage für diese Untersuchungen waren neben der Schwindungsplatte Typ D2 nach DIN EN ISO 294-4 ein spezielles dreidimensionales Formteil zur Untersuchung von Schwindung und Verzug. Dieses Formteil SV wurde am KuZ entwickelt und neigt aufgrund seiner Geometrie verstärkt zum Verzug.
Ausgehend von optimalen Verarbeitungsbedingungen entsprechend den Herstellerangaben wurden die für die Verarbeitungsschwindung relevanten Einstellparameter variiert. Der Auswertung der Verarbeitungsschwindung der D2-Platten nach Norm in Längs- und Querrichtung wurden die Ergebnisse des Formteils SV gegenüber gestellt. Es waren überwiegend die gleichen Tendenzen hinsichtlich des Einflusses der technologischen Parameter auf die Verarbeitungsschwindung festzustellen. Dies gilt sowohl für die beiden Formteile als auch für die beiden teilkristallinen Werkstoffe PP und PA mit verschiedenen Glasfaseranteilen.
Quantitativ gibt es erwartungsgemäß geometrie- und werkstoffabhängige Unterschiede, zum Beispiel für den Nachdruck der D2-Platte der beiden Werkstoffe aufgeführt. Wie erwartet, wurde eine starke Abhängigkeit der Verarbeitungsschwindung vom Nachdruckniveau gefunden. Dieser Umstand muss folglich auch beim Vergleich der Simulationsergebnisse mit der praktischen Ergebnissen Berücksichtigung finden.
Am KuZ sind weitere systematische Versuchsreihen zum Thema „Abhängigkeiten der Verarbeitungsschwindung von den Technologievorgaben“ geplant. Durch Abgleich der Versuchsergebnisse mit den Simulationsergebnissen soll dem interessierten Werkzeugkonstrukteur und Kunststoffverarbeiter ein Mittel zur Risikominimierung und Kostensenkung an die Hand geben werden. Sicher muss der hinsichtlich seiner speziellen Rahmenbedingungen die Ergebnisse interpretieren, hilfreich dürften sie aber allemal sein.