Vorteile von Elektrik und Hydraulik vereint
Hybride Antriebstechnik in Spritzgießmaschinen
Der Spritzgießmarkt verlangt mehr denn je modular anpassbare Antriebstechnik, mit der sich die Vorzüge sowohl aus der elektrischen als auch der hydraulischen Welt nutzen lassen – Schnelligkeit und Präzision gepaart mit Kraft und Dynamik. Mit dem Allrounder 470 H hat Arburg eine moderne und kosteneffiziente Hybridmaschine geschaffen – eine echte Neuheit auf dem Markt.
Elektrische Antriebe gewinnen beim Spritzgießen hinsichtlich Energieeffizienz zunehmend an Bedeutung. Hydraulische Antriebe unterdessen spielen ihre Vorzüge aus, wenn es um kraftvolles Einspritzen und Kosteneffizienz geht. Der Königsweg ist die Kombination beider Antriebstechniken, wie die Allrounder der neuen Maschinengeneration von Arburg zeigen: Die Jubiläumsmaschine Allrounder 470 H ist gekennzeichnet durch geringe Anschaffungs- und Betriebskosten, einen reduzierten CO2-Fußabdruck sowie einen Energiebedarf auf dem Niveau von elektrischen Maschinen.
Die hybrid angetriebenen Spritzgießmaschinen der Baureihe Hidrive (H) kombinieren präzises elektrisches Schließen und dynamisches hydraulisches Einspritzen. Der hybride Allrounder 470 H eignet sich als Ersatz für hydraulische Maschinen und zu 95 Prozent für elektrischen Maschinen. Eine Befragung bei Anwendern hat die Intention, die hinter dieser Maschinentechnologie steckt, bestätigt und als interessant bewertet – für den technischen Spritzguss genauso wie für anspruchsvolle Anwendungen etwa in der Automobil- und Verpackungsindustrie. "Wir haben mit unserer hybriden Jubiläumsmaschine in drei Leistungsvarianten also den Nerv der Zeit genau getroffen. Denn sie ist energiesparend, ressourcenschonend, produktionseffizient, bedienfreundlich und zuverlässig zugleich. Zudem sind die meisten Maschinenbediener mit hydraulischen Spritzeinheiten vertraut und können deren Vorteile umfassend nutzen", erläutert Gerhard Böhm, Geschäftsführer Vertrieb und Service bei Arburg.
Durch die Eingliederung des Servomotoren-Herstellers AMKmotion in die Arburg-Familie liegen Entwicklung und Produktion des gesamten Antriebsstrangs in eigener Hand. Das gilt primär für Allrounder-Spritzgießmaschinen samt Umrichter und Motor und somit das Kernstück des Schließsystems, aber auch beispielsweise für die Werkzeugtechnik. Für High-End-Spritzgießaufgaben ist der Planetenrollengewindetrieb in Kombination mit flüssigkeitsgekühlten Motoren geeignet. Mit diesem elektrischen Direktantrieb, der zum Beispiel in den hybriden Maschinen der Leistungsvarianten Premium und Ultimate verbaut ist, lassen sich alle Positionen schnell und präzise anfahren und laststeife Kraftübertragungen sowie eine hohe Leistungsdichte realisieren. Auch über eine lange Lebensdauer hinweg und auch dann, wenn die Maschine unter Volllast läuft.
Die Kinematik des doppelten Fünf-Punkt-Kniehebels ist optimal auf den elektrischen Antrieb abgestimmt. Das sorgt für eine symmetrische Krafteinleitung bei Bewegungen und Zuhaltung – auch bei schweren Werkzeugen. Über eine servoelektrische Verstellung lässt sich der Kniehebel komfortabel an unterschiedliche Werkzeugeinbauhöhen anpassen. Die optional erhältliche automatische Schließkraftregelung erzeugt eine gleichbleibende Zuhaltekraft und gleicht die Wärmedehnung des Werkzeugs automatisch aus.
Dynamische hydraulische Spritzeinheit
Weitere Voraussetzungen für die qualitativ hochwertige Teilefertigung sind eine homogene Materialaufbereitung und präzises Einspritzen. Die im Spritzgießen seit Jahrzehnten bewährten hydraulischen Antriebe sind ausgereift, robust, wartungsarm und langlebig. Sie eignen sich gut für hohe Materialdurchsätze und erzielen hohe Kräfte, die sich auch für beliebig lange Nachdruckphasen aufrechterhalten lassen. Für hohe Plastifizierleistungen sind bei den hybriden Hidrive-Allroundern je nach Leistungsvariante geregeltes Einspritzen, dynamische Hydraulikspeichertechnik und ein energiesparender servoelektrischer Dosierantrieb kombinierbar.
Drei Leistungsvarianten für optimale Anpassung
"Unsere hybriden Allrounder in den Leistungsvarianten Comfort, Premium und Ultimate lassen sich optimal an die jeweiligen Anforderungen anpassen", betont Guido Frohnhaus, Geschäftsführer Technik bei Arburg. Zu den technischen Neuheiten zählen ein neues Ölmanagement-Konzept, eine Förderstromteilung und erweiterter Einsatz der Arburg-Servohydraulik.
Die Maschinen des Typs Comfort eigenen sich für technische, dickwandige oder vergleichsweise einfache Spritzteile, die in Zykluszeiten von typischerweise 10 bis 45 Sekunden gefertigt werden. Die Energiebilanz dieser Leistungsvariante ist im Vergleich zu einer entsprechenden hydraulischen Maschine um bis zu 50 Prozent besser, Kühlwasser- und Ölbedarf um bis zu 35 Prozent reduziert, die Trockenlaufzeiten sind mit 1,4 Sekunden rund 30 Prozent kürzer. Der Antrieb erfolgt über eine robuste Kugelumlaufspindel.
Die hinsichtlich Produktionseffizienz weiter optimierte Leistungsvariante Premium erreicht Trockenlaufzeiten von 1,2 Sekunden. Mit ihr lassen sich vielfältige anspruchsvolle Anwendungen realisieren, beispielsweise die Fertigung von Präzisionsbauteilen für die Automobil- und Elektronikindustrie. Zur Serienausstattung zählen ein Planetenrollengewindetrieb und die Funktion Arburg elektromechanisches Dosieren (AED) für längeres Dosieren. Hinzu kommt die neue Förderstromteilung für gleichzeitige, unabhängige Bewegungen von zwei hydraulischen Nebenachsen.
Die höchste Leistungsvariante Ultimate ist speziell für schnelllaufende und anspruchsvolle Prozesse wie Dünnwandanwendungen in der Verpackungstechnik ausgelegt. Die Trockenlaufzeiten sind mit 0,9 Sekunden im Vergleich zu Premium noch einmal deutlich kürzer. Zum Serienumfang zählen hier ebenfalls AED sowie Hydraulikspeichertechnik und die Gestica-Steuerung mit der Funktion aXw Control ScrewPilot, die Störungen des Füllverlaufs kompensiert und die Formfüllung stabil hält. Damit lässt sich letztendlich eine Einspritzpräzision auf dem Niveau einer elektrischen Spritzeinheit erreichen. Optional ist auch zyklusübergreifendes Dosieren möglich.
Die Leistungsvarianten "Comfort" und "Premium" sind mit der Arburg-Servohydraulik (ASH) versehen. Bei dieser Technologie passt sich das Antriebssystem über einen drehzahlgeregelten, wassergekühlten Servomotor stufenlos an den tatsächlichen Leistungsbedarf an. Vorteil dabei: Bei Stillstand der Maschine steht auch der Pumpenantrieb, Leerlaufverluste entfallen. Das ermöglicht einen energieeffizienten und emissionsarmen Betrieb und spart bis zu 50 Prozent Energie, vor allem bei Prozessen mit langen Kühlzeiten. Mit einem Allrounder 470 H Comfort lassen sich nach Anwendungsfall bis zu 12.000 Kilogramm CO2 im Jahr einsparen. Gleichzeitig reduzieren sich Kühlbedarf und Geräuschpegel der Maschine deutlich.
Förderstromteilung reduziert Zykluszeiten
Um trotz prinzipiell seriell arbeitender ASH-Technologie gleichzeitige Bewegungen zu realisieren, hat Arburg eine sogenannte Förderstromteilung entwickelt, die bei der Leistungsvariante Premium zum Einsatz kommt. Über neueste Varan-Ventiltechnologie mit integrierter Sensorik können damit zwei hydraulische Nebenachsen, zum Beispiel Kernzug und Auswerfer beim Werkzeugöffnen, parallel und unabhängig voneinander gefahren werden. Dabei teilen sich die Achsen bei Bedarf den verfügbaren Volumenstrom der ASH-Servopumpe. In Summe wirkt sich das doppelt positiv auf Energie- und Produktionseffizienz aus: Zum einen verbrauchen die Maschinen weniger Energie, und zum anderen reduzieren sich die Zykluszeiten. Und das ganz ohne Hydraulikspeicher oder Mehrpumpentechnologie mit zweitem Servomotor und zusätzlichem Frequenzumrichter.
Die hybriden Allrounder der Leistungsvariante Ultimate arbeiten für höchste Anforderungen an Dynamik und Prozessfähigkeit mit Hydraulikspeichertechnik. Über separate Regelventile lassen sich alle Bewegungsachsen unabhängig voneinander ansteuern und fahren. Der Hydraulikspeicher sorgt für ein konstantes Druckniveau. Ergebnis sind dynamische, schnelle und gleichzeitige Bewegungen und mehr Möglichkeiten zur Prozesseinstellung, etwa Einspritzen beim Schließen des Werkzeugs oder Prägen. Mit der Variante Ultimate lassen sich Einspritzgeschwindigkeiten bis 450 Millimeter pro Sekunde erreichen. Künftig sollen sogar 550 Millimeter pro Sekunde und Beschleunigungen bis 1 g möglich sein.
Weitere Größen in den Leistungsvarianten Comfort, Premium und Ultimate sollen folgen, so der Hersteller. Die fein abgestufte hybride Maschinentechnologie ist hinsichtlich Trockenlaufzeiten und Einspritzgeschwindigkeiten vergleichbar mit vollelektrischen Maschinen. Damit seien die "neuen Hybriden" eine energiesparende Alternative zu hydraulischen und eine wirtschaftliche Alternative zu elektrischen Maschinen.