Gasinnendruck und 2K-Technik, Projekt Wolfcraft
Alles im richtigen Griff
Seit fünf Jahren betreibt der Maschinenhersteller Wolfcraft mit Sitz in Kempenich in der Eifel die Kunststoff-Fertigung im eigenen Haus. Seitdem ist die Produktion im wahrsten Sinne des Wortes in „einem Guss“ möglich. Mit diesem In- statt Outsourcing wurden die Kosten erheblich gesenkt. Das 1949 von Robert Wolff gegründete Unternehmen mit den beiden Produktionsstätten in Deutschland und der Slowakei sowie neun weltweiten Niederlassungen beschäftigt über 480 Mitarbeiter. Erwirtschaftet wird ein Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro. Im Programm sind rund 3500 Artikel, von Schleifpapier über Drahtbürsten bis hin zur Werkbank. 18,5 Millionen Einzelteile werden allein auf Wittmann Battenfeld Anlagen gefertigt.
Der Anteil an Kunststoffkomponenten am Produkt wächst ständig. Die Kunden verlangen handliche, ansprechende, leichte und kostengünstige Handwerkzeuge, ohne dabei auf Sicherheit und Qualität verzichten zu müssen. Designer und Konstrukteure sind permanent mit der Entwicklung neuer und besserer Produkte beschäftigt. Das Resultat sind Produkte im typischen Wolfcraft-Design mit hoher Funktionalität, die aber auch „gut in der Hand liegen“.
Das galt auch für einen neuen Handschleifer, der sich für viele Einsatzbereiche eignet und schnelles sowie ermüdungsfreies Arbeiten ermöglichen soll. Genau diese Anforderungen werden an den Griff gestellt. Der sollte darüber hinaus leicht sein und einen Softtouch-Effekt bieten. Daher wurden schon im frühen Stadium der Produktentwicklung in einem Team von Werkzeugbauern, Konstrukteuren, Designern, Spritzgießern und Anwendungstechnikern von Wolfcraft und Wittmann Battenfeld die Fertigungsmöglichkeiten erörtert. Nach intensiven Versuchen im Technikum des Spritzgießmaschinenherstellers wählte man die Lösung einer Verfahrenskombination von Combimould, die Mehrkomponententechnik von Wittmann Battenfeld, und der patentierten Gasinjektionstechnik Airmould.
Die Kombi macht’s
Erst diese Verfahrenskombination ermöglicht es, Hohlkörper zu formen und danach ohne Probleme eine Weichkomponente aufzuspritzen. Mit Hilfe der Drehtechnik wird der Mehrkomponentengriff gefertigt, wobei in der ersten Station der Dreheinheit der Grundkörper des Griffes aus PP gespritzt wird. Über einen im Werkzeug eingebauten Airmould-Einspritzbaustein wird danach Gas in die Schmelze injiziert, das den Hohlraum ausformt und die zuvor eingespritzte Schmelze im Kontakt mit der Außenwand der Kavität hält. Hauptbestandteile des Systems sind eine Druckerzeugungseinheit und ein Monomodul mit Handprogrammiergerät. Nachdem der Hohlkörper fertig geformt ist, wird das Werkzeug geöffnet. Eine servoelektrische Einheit dreht den Vorspritzling in die zweite Spritzposition, das Werkzeug schließt sich. Nun wird als zweite Komponente – ein thermoplastisches Elastomer (TPE) – auf den Hohlkörper gespritzt. Dabei darf die Überspritzung den Hohlkörper nicht deformieren. Erreicht wird das durch optimale Auslegung der Anspritzpunkte und eine besondere Werkzeugtechnik in Verbindung mit Airmould. Die richtige Position der Anspritzpunkte wurde aufgrund der umfassenden Erfahrung von Wittmann Battenfeld festgelegt. Das Ergebnis ist ein leichter, dünnwandiger Griff mit einer weichen Komponente für eine gute Haptik.
Neben dem Standard-Horizontalaggregat ist die zweite Spritzeinheit für die Weichkomponente auf der Wolfcraft-Anlage vertikal angeordnet. Das ermöglicht das Einspritzen der zweiten Komponente in die Trennebene. Bei Verwendung von Heißkanalsystemen sind aber auch unterschiedliche Anspritzpunkte realisierbar. Für das Anfahren dieser Punkte ist die vertikale Einheit frei über Linearführungen geführt und einfach stufenlos auf die Werkzeuggegebenheiten einstellbar. Für einen ungehinderten Werkzeugwechsel kann komplett hinter die Düsenplatte gefahren werden.
Soll ein Handlinggerät die Formteile entnehmen, kann ein Wittmann Roboter auch über der Schließplatte positioniert werden. Aufbauend auf der Standard HM-Serie bietet die HM MK – erhältlich im Schließkraftbereich von 450 bis 6500 kN – mit ihrem umfangreichen Optionspaket und den vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten ein Paket für sämtliche Mehrkomponenten-Technologien.
Die neue Anlage macht das Dutzend voll – derzeit bilden zwölf Maschinen von Wittmann Battenfeld im Schließkraftbereich 600 bis 1600 kN den Maschinenpark. Die Mehrkomponententechnik spielt am Handwerkzeugsektor eine besondere Rolle und eröffnet viele neue Designmöglichkeiten. So ist Wolfcraft mit der neuen Combimould-Anlage und der Airmould-Anlage auch für weitere, künftige Projekte gut gerüstet.