Schaumstoffe, Gesamtprogramm
Weiche Ware – harte Märkte
Schaumstoffe sind mehr als Matratzen und Sofafüllungen. Das Anwendungsspektrum reicht von Schuhen über Verkleidungen im Automobilbau, hochwertige Klebstoffbänder und Trittschalldämmungen bis zum Auftriebskörper von Ölsperren – und noch weit darüber hinaus. Einer der großen Produzenten ist Sekisui Alveo. Das Unternehmen beschäftigt sich schon seit mehr als 35 Jahren mit Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Schaumstoffen, überwiegend physikalisch vernetzten Polyolefin-Schäumen. CEO Igor Allinckx erläutert, wie sich das Unternehmen und seine Produkte weiter entwickeln sollen.
Auffällig war, dass Ihr Unternehmen, obwohl es auch im Verpackungssektor aktiv ist, nicht auf der Interpack ausstellte. Verändern Sie Ihr Produktspektrum, geben Sie Märkte auf?
Igor Allinckx: Die Märkte sind natürlich immer in Bewegung und wir bewegen uns nicht nur mit, sondern beeinflussen diese Strömungen auch. Schließlich sind wir mit unseren sechs Business Units in rund 90 Anwendungsbereichen aktiv. Konkret zu Ihrer Frage: Der Verpackungsbereich ist auch weiterhin ein interessanter Markt für uns, wir sind derzeit sogar dabei, neue Produkte und Dienstleistungen zu kreieren. In diesem Fall haben wir uns jedoch gegen eine Messeteilnahme und für speziell organisierte Kundenveranstaltungen entschieden.
Welche Branchen pushen Sie derzeit besonders, wo finden die interessanten Entwicklungen statt?
Igor Allinckx: Der aktuell stärkste Bereich ist Adhesive Coating. Der Bedarf an Klebebändern mit Schaumstoffträger für die Automobilindustrie und die Baubranche nimmt stark zu. Außerdem macht sich hier das starke Wachstum der Druckindustrie bemerkbar. Ein anderer Bereich in diesem Produktfeld ist die Medizintechnik. Hier geht es im Wesentlichen um Pflaster oder EKG-Pads, die besonders hautverträglich sind. Das Geschäft ist vielversprechend angelaufen. Neben Adhesive Coating sind Anwendungen für den Automobilbau sehr wichtig. Unser neuer teilweise offenzelliger, sehr weicher Schaumstoff Alveo-Soft wird hier zum Beispiel für Dichtungen eingesetzt. Im Interieur tragen die Produkte zu mehr Komfort bei. Hier ist Alveolit TP EE eine ganz wichtige Innovation: Dieser Schaumstoff ist genauso weich wie PVC und PUR, hat aber in der Produktion einige Kostenvorteile. Ein italienischer Sportwagenhersteller setzt dieses Material bereits ein. Weniger positiv sieht es leider im Anwendungsfeld Schuhe aus: Der in der Vergangenheit hohe Anteil an Lieferungen in die Schuhindustrie ist noch immer ein mengenstarkes, aber margenschwaches Geschäft. Hier sehe ich eher einen Rückgang.
Und wie sieht es im eingangs angesprochenen Verpackungsmarkt aus?
Igor Allinckx: Hier arbeiten wir an neuen Technologien und auch an Dienstleistungen. Das ist ein Grund, die Neuerungen eher in speziellen Veranstaltungen nur dem wirklich interessierten Kundenkreis zu präsentieren. Wir bieten zum Beispiel nun einen Prägedruck auf den Schaumstoffen an. Die eingeprägten Firmennamen, Logos oder Produktbezeichnungen tragen zur Imagebildung bei und unterstützen so das Marketing unserer Kunden. Zudem werden wir das neue Produkt Alveo Bloc lancieren. Bahnenware wird hier mit Heißluft laminiert und zu Blöcken verarbeitet in kundenspezifischen Maßen bis 120 Millimeter Dicke, 2 Meter Breite und beliebige Länge. Wir gehen also weg von den Standardmaßen, und produzieren passgenaue Lösungen. Dem Kunden ersparen wir so den Zuschnitt und die Resteentsorgung. Beides sind Beispiele für zusätzliche, innovative Dienstleistungen, in denen wir ein gutes Wachstumspotential sehen.
Bisher nutzt Sekisui Alveo ausschließlich den „dreistufigen Vertriebsweg“ über Weiterverarbeiter und OEMs, liefert also keine Produkte direkt an Endkunden. Wie man hört, wollen Sie diese Strategie ändern.
Igor Allinckx: Das ist teilweise richtig. Allerdings werden wir auch künftig nicht in den Wettbewerb zu unseren Kunden treten. Zu den neuen Produkten zählen so genannte Short Rolls, die als Trittschalldämmung eingesetzt werden. Sie werden als Fertigprodukt direkt an OEMs geliefert werden, auf Wunsch auch direkt in Baumärkte. Übrigens wächst der Umsatz dieses Produktbereichs über die Planung und wir wollen ihn weiter ausbauen.
Welche Wachstumspläne verfolgen Sie mit Ihren bisherigen und den neuen Angeboten in den regionalen Märkten?
Igor Allinckx: Derzeit erzielen wir rund 40 Prozent des Umsatzes in Deutschland, je etwa 15 Prozent in Italien und Großbritannien. Dann folgen Frankreich und Benelux sowie Tschechien, Polen und andere Länder. Spezielle Produkte liefern wir aber auch nach China und in andere Länder. Ansonsten wird Asien praktischerweise von unserer Schwestergesellschaft in Malaysia bedient. Hier ist übrigens ein interessanter Punkt anzusprechen: Über die nahezu weltweite Präsenz mit Niederlassungen und Produktionen können wir unseren internationalen Kunden in aller Regel Beratung, aber auch Schaumstoffe in absolut identischer Qualität überall auf kurzen Wegen liefern.
Wachstum heißt ja nicht nur mehr Umsatz, sondern bessere Erträge erwirtschaften. Wie ist die aktuelle Lage im Unternehmen?
Igor Allinckx: Von 2006 auf 2007 haben wir den Umsatz erhöht. Aktuell kämpfen wir, wie viele andere auch in der Kunststoffbranche, mit den explodierenden Energie- und Rohstoffpreisen. Wir versuchen, über Effizienzsteigerungen in der Produktion, in der Logistik und in den gesamten Prozessen intern Kosten zu senken. Für das gesamte Jahr 2008 erwarten wir einen etwa gleich bleibenden Umsatz und für das zweite Halbjahr 2008 eine Umsatzsteigerung, da dann mehrere Projekte zum Tragen kommen, die im letzten Jahr vorbereitet wurden.
Zum Schluss muss man fast zwangsläufig auf das Thema Bioplastics kommen. Welche Lösungen hat Ihr Unternehmen dazu bisher entwickelt?
Igor Allinckx: Auch wenn es nicht populär ist: Ich sehe die Diskussion derzeit eher kritisch. Schaut man sich die Ökobilanzen von Materialien, die zum Beispiel auf Basis von Mais oder Weizen hergestellt wurden, unvoreingenommen und kritisch an, sind die nicht unbedingt positiv. Wir haben mit einer ganzen Reihe solcher Werkstoffe Versuche gefahren und könnten prinzipiell mit unseren Anlagen ein entsprechendes Produktprogramm anbieten. Aktuell lehnen wir das aber ab. Stattdessen gehen wir schon seit geraumer Zeit den Weg, Abfälle in der Produktion und bei Versuchen deutlich zu verringern. Das bringt direkte Effekte – sowohl für die Umwelt als auch finanziell.
CEO Igor Allinckx setzt auf neue Produkte und Dienstleistungen.