Oxo-biologisch abbaubare Polymere
Wie die Verpackung sich zersetzt
Eines der größten Probleme von herkömmlichen Kunststoffen ist ihre langjährige Beständigkeit. Durch diese Beständigkeit belasten sie die Umwelt über viele Jahre, ohne dass sie zersetzt werden. In letzter Zeit wurden mehrere Versuche gestartet, um Kunststoffe zu entwickeln, die in der Umwelt innnerhalb kurzer Zeit abgebaut werden.
Bis jetzt gibt es zwei verschiedene Ansätze, um biologisch abbaubare Polymere zu produzieren. Der erste Ansatz ist die Herstellung von Kunststoffen aus Biomaterialien wie Mais oder Weizen, die nach dem Gebrauch auch wieder schnell in ihre (biologisch abbaubaren) Bausteine zerfallen. Der andere Ansatz modifiziert gängige Polymere (zum Beispiel Polyethylen) so, dass sie schneller zerfallen und dann durch Mikroorganismen vollständig abgebaut werden können. Dieser Artikel befasst sich mit letzter Kategorie, auch oxo-biologisch abbaubare Polymere genannt.
Damit diese Polymere schneller zerfallen, werden Metallsalze beigemischt, die als Katalysatoren wirken und die langen Polymerketten oxidieren. Weil Oxidation nur stattfinden kann, wenn Sauerstoff vorhanden ist, funktioniert diese Zersetzung nur, wenn der Kunststoff frei in der Natur liegt. Sollte der Kunststoff in einer Mülldeponie unter anaeroben Bedingungen entsorgt worden sein, ist die Zersetzung nicht schneller als bei herkömmlichen Kunststoffen. Die Metallsalze, die zugefügt werden, sind nur in katalytischen Mengen vorhanden und haben daher keinen Einfluss auf die Umwelt. Außerdem sind es Salze von Eisen, Magnesium, Mangan, Zink oder Nickel, die in der Natur auch vorhanden sind, z.B. in Metalloproteinen.
Experimentelles
Für die Bestimmungen wurden DSC- und TGA/DSC-Messungen durchgeführt. Durch den Schmelzverlauf wurde die polymere Zusammensetzung von einer oxo-biologisch abbaubaren Verpackungsfolie bestimmt. Zum Vergleich wurde ein reines PE-LD in Form von Pellets gemessen. Für die Messungen wurde die Folie in kleine Stücke geschnitten und in einen DSC- oder TGA-Tiegel gelegt. Das PE-LD-Granulat wurde in dünne Scheiben geschnitten. Die Probenmenge für die DSC-Messungen war ungefähr 3 mg, für die TGA-Messungen bedeutend mehr (ungefähr 30 mg), weil die erwartete Menge der Rückstände sehr klein ist.
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Mit beiden Materialien wurden auch DSC-Messungen gemacht, um die OOT (Oxidation-Onset-Temperatur) zu ermitteln. Der Oxidationsbeginn wird bestimmt durch die Stabilität der Polymere. Wenn die Stabilität der Polymere künstlich verringert wurde, wie bei den oxo-biologischen abbaubaren Polymeren, würde man erwarten, eine tiefere Oxidationstemperatur zu messen.
Resultate und Diskussion
Die DSC-Messungen in Abbildung 1 zeigen die Schmelzkurven für beiden Materialien. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass beide Materialien sehr ähnliche Schmelztemperaturen haben; bei der Folie ist aber eine Mischung von PE-LD und PE-LLD vorhanden. Für die oxo-biologischen abbaubaren Folien gibt es zwei sehr deutlichen Schmelzpeaks bei 112 °C und 121 °C. Auch der gefundene Mittelwert der Kristallinität ist mit üblichen Werten von PE-(L)LD vergleichbar.
Alle angezeigten Kurven in Abbildung 1 sind aus zweiten Heizläufen der Einzelproben, um Produktions- und Lagereinflüsse auf die DSC-Kurven auszuschliessen. Es wurde mit 10 K/min bei einem Gasfluss von 50 ml/min N2 aufgeheizt.
Um die Stabilität der zwei Materialien zu vergleichen, wurden anschließend OOT-Messungen gemacht. Bei den OOT-Messungen wurde darauf geachtet, dass die Proben alle ungefähr die gleiche Masse hatten und flach auf dem Tiegelboden lagen. Die Messungen wurden unter Sauerstoff (50 ml/min) und ohne Deckel auf den Tiegeln gemacht. Auch für die OOT-Messungen wurde eine Heizrate von 10 K/min verwendet. Um den Ofen der DSC vor Zersetzungsprodukten zu schützen, wurden die Messungen beim Erreichen einer Exothermie von 5 W/g automatisch gestoppt.
Die Auswertungen der OOT-Messungen zeigen für die oxo-biologische abbaubare Folie einen Oxidationsbeginn von 201,3 °C. Für das PE-LD-Granulat wurde eine Temperatur von 214,7 °C gemessen. Der Unterschied dieser Temperaturen der beiden Materialien ist bedeutend und sehr reproduzierbar. Der Beginn der Oxidation der oxo-biologisch abbaubaren PE-Folie ist in der Tat um ungefähr 13 °C tiefer als die des reinen PE-LD-Materials, was auf eine viel geringere Stabilität hinweist.
Zusätzlich zu den DSC-Messungen wurden TGA-Messungen gemacht. Für beiden Materialien sind die resultierenden Kurven in Abbildung 2 gezeigt. Zwischen der Zersetzung der beiden Materialien ist ein deutlicher Unterschied zu sehen. Im ersten Teil wird unter N2 bis 600 °C gemessen. Die reine PE-LD-Probe wird unter Stickstoff vollständig pyrolysiert, mit charakteristischem Beginn bei 457 °C (extrapolierter Onset). Bei 600 °C wird das Methodengas von N2 zu Luft gewechselt: Die Oxidation von Pyrolyseresten beginnt sofort. Alle TGA-Messungen wurden mit einer Heizrate von 20 K/min gemessen.
Bei der oxo-biologischen abbaubaren Folie beginnt die Pyrolyse etwas später (472 °C) und das Gewicht wird unter Luft noch reduziert. Es ist noch etwas in der Probe enthalten, was nicht vollständig pyrolysiert ist oder was unter Luft einen Gewichtsverlust zeigt. In der DSC-Kurve zeigt dieser Prozess erstaunlicherweise ein endothermes Verhalten. Bei der PE-LD-Probe ist hingegen kein Gewichtsverlust mehr zu erkennen.
Für beide Materialien wurden auch TGA-Messungen unter Luft (50 ml/min) gemacht. Bei diesen Messungen wurden viel kleinere Probenmengen benutzt als in den Messungen von Abbildung 3 (ungefähr 5 mg Probe gegenüber ungefähr 30 mg), weil die Oxidation im Gegensatz zur Pyrolyse eine große Überhitzung verursachen würde.
In dieser Messung scheint unter Luft, wie in Abbildung 2 unter Stickstoff, die Zersetzung der PE-Pellets früher zu beginnen als bei der Folie. Bei Betrachtung der gleichzeitig gemessenen DSC-Kurven sieht man aber, dass auch hier die Oxidation der oxo-biologisch abbaubaren Folie früher anfängt. Die DSC-Messungen sind viel sensitiver auf den Beginn der Oxidation als die TGA Messungen. Die Rate der Zersetzung unter Luft ist größer für PE-LD, verglichen mit der oxo-biologisch abbaubaren Folie; unter Stickstoff sind diese Raten gleich.
Auch bei Messungen unter Luft bleiben in der oxo-biologisch abbaubaren Folie Rückstände zurück, während bei den PE-Pellets die ganze Probe vollständig verbrannt wird. Ebenfalls ist der endotherme Effekt bei ungefähr 600 °C unter Luft bei der oxo-biologisch abbaubaren Folie immer noch vorhanden. Dieser Effekt ist auch sichtbar bei den Messungen in Abbildung 3. Die Zersetzungsenthalpie für die reine PE-LD-Probe ist ungefähr 25 % größer als die der oxo-biologisch abbaubare Folie; die geringere Enthalpie kann teilweise erklärt werden durch den anorganischen Füllstoffgehalt in der oxo-biologisch abbaubaren Folie, teilweise durch die Überlappung mit der endothermen Reaktion bei 600 °C.
Schlussfolgerungen
Die oxo-biologisch abbaubare Folie zeigt ein deutlich anderes Oxidationsverhalten als die normale PE-Folie. Das Verhalten bestätigt den schnelleren Abbau der Folien unter Luft-Atmosphäre. Die anaerobe Zersetzung unter Stickstoff wird durch die zugesetzten Salze nicht beschleunigt; ihre Anwesenheit könnte sogar ein Nachteil für die Zersetzung sein.
Die TGA-Kurven zeigen, dass in den oxo-biologisch abbaubaren Folien mehr anorganische Hilfsstoffe zugemischt sind und dass diese Mengen sehr einfach bestimmt werden können.