Folienhersteller recycelt
Recyclingqualität in der eigenen Hand
Entwicklung und Produktion von Agrarfolien und Rundballennetzen sind Schwerpunkte von RKW Agri im südhessischen Michelstadt. Das Unternehmen nutzt Folienabfälle aus der eigenen Produktion und von verschiedenen Produktionsstandorten der RKW Gruppe. Mit Neustrukturierung des Recyclings soll nicht nur sehr homogenes Output-Material erzeugt werden. Daneben sollen die Kosten sinken und die Arbeitsabläufe optimiert werden, um die Produktivität zu erhöhen.
In der Halle nimmt ein Mitarbeiter mit einem Stapler einen Folienballen von einer Palette auf und fährt damit über den Kettengurtförderer. Mit einer Zange entfernt sein Kollege die Drähte, die den Ballen zusammenhalten. Nacheinander fällt das Material auf das Band, das dieses kontinuierlich nach oben Richtung Einfüllschacht eines großformatigen Shredders bewegt.
Die Szene ist typisch für die Abläufe der neu strukturierten Folienaufbereitung bei RKW Agri. Der Mitarbeiter „füttert“ den neuen Zerkleinerer des Typs V-Eco 1300 von Vecoplan. Er ist das Herzstück der der gesamten Technologie vor dem Extruder. Bislang wurden die Folienabfälle direkt in die Recyclinganlage zugeführt. Mit der Investition in den Schredder inklusive Förder-, Separier- und Lagertechnik – soll der der Recyclingprozess künftig deutlich optimiert werden. „Mit der neuen Anlage wollen wir künftig alle Folienabfälle schreddern und unserer Produktion zuführen“, berichtet der Instandhaltungsleiter Holger Trumpfheller. „Dazu gehören unsere eigenen Produktionsabfälle, Folienabfälle aus anderen Standorten der RKW-Gruppe und Zukaufmaterialien anderer Kunststoffhersteller. Bei den Materialen handelt es sich überwiegend um Folien in Form von Rollen- und Ballenwaren aus Produktionsabfällen.“
Recyclingprozess optimieren
Das Recycling von Produktionsabfällen kann für Unternehmen eine wirtschaftliche Lösung sei: Das Altmaterial lässt sich zu Regranulat verarbeiten und in den Produktionskreislauf zurückführen – dieses kann je nach Aufbereitungsart die nahezu gleiche Qualität aufweisen wie Neuware. Dadurch entstehen erst gar keine Abfälle die der Entsorgung zugeführt werden müssen und der Kreislauf ist geschlossen. Ressourcen zu schützen, bedeutet für RKW auch, Emissionen zu reduzieren, Abfall durch Wiederverwendung und Recyclingfähigkeit zu minimieren, Umweltbelastungen zu vermeiden und Logistik zu optimieren.
Ziel des entsprechenden RKW Agri-Projekts ist, eine homogene Qualität der zerkleinerten Abfälle zu erreichen, die internen Arbeitsabläufe zu optimieren, Kosten zu sparen und die Produktivität der Regenerierung deutlich zu erhöhen. Vecoplan lieferte die komplette mechanische Aufbereitungstechnik vor den Extrudern mit Planung, Programmierung der einzelnen Aggregate zu einem automatischen Steuerungskonzept, Montage und Inbetriebnahme.
Der Fokus des Shredders liege auf einer energieeffizienten und flexiblen Arbeitsweise. So lassen sich auch schwierige Werkstoffe qualitativ und mit hoher Durchsatzleistung zerkleinern. Entscheidend sei vor allem die Schneidgeometrie. Über die Rotor- und Messer-Bestückung sowie die entsprechende Siebwahl könne die Anlagen detailliert an die In- und Output-Anforderungen angepasst werden. Und das haben die Vecoplan-Anwendungstechniker in mehreren Versuchen für den Einsatz bei RKW im Technikum genau abgestimmt. Je nach mechanischen und thermischen Eigenschaften sowie den Abmessungen des Input-Materials und der Anforderung an das Output-Korn wurde zwischen verschiedenen Rotordurchmessern, Schneidgeometrien, Sieben und Schneidwerkzeugen variiert.
Wartungsaufwand und Bedienkomfort
Wert wurde auf ein durchgehend kompaktes Maschinendesign gelegt. Die Reduktion auf das Wichtigste soll die Störanfälligkeit minimieren, den Materialfluss optimieren und die Service- und Wartungsarbeiten erleichtern: Die hydraulisch aufschwenkbare Bodenklappe und der nach unten schwenkbare Siebkorb ermöglichen dem Bediener den einfachen Zugang zum Rotor. Er kann Störstoffe entnehmen und das Gegenmesser einfach wechseln oder von außen nachstellen. Dank schräge Konstruktion des Maschinenbodens und stufenlos regelbarer Schieber-Steuerung wird das Material kontinuierlich dem Rotor zugeführt. Ein permanenter Prozess sei so sichergestellt.
Der vergleichsweise kostengünstige ESC-Antrieb (Electronic-Slip-Control) soll den Betrieb energieeffizient machen. Bei dieser Lösung sind Getriebe und Turbokupplung überflüssig. Der vielpolige Asynchron-Antriebsmotor mit Frequenzumrichter wirkt zusammen mit einem speziellen Riemenantrieb mit Antriebs-Schlupfregelung und einer Störstofferkennung mit Motor- bzw. Rotorbremse. Verbunden mit der vom Hitorc-Antrieb bekannten Anlauf- und Reversiersteuerung kann in dieser Kombination kurzzeitig das 2- bis 2,5-fache Antriebsdrehmoment erreicht werden.
Eine Förderschnecke gibt das Output-Material von der Maschine auf einen Kratzkettenförderer. Dieser schafft es eine Etage höher. Hier, im zweiten Stock, ist ein Magnetabscheider installiert, der Eisenmetalle aus dem Förderstrom zieht. Anschließend werden alle Nichteisenmetalle ausgeschieden. Die Fördertechnik führt nun die Folienflakes in das Foliensilo. Hier werden sie zwischengelagert, da der Durchsatz des Zerkleinerers höher ist als der der beiden Extruder. Er dient damit als Puffer, beispielsweise wenn Schneidkronen getauscht oder Störstoff entfernt werden muss. Die Extruder können dann weiterlaufen.
Bei Maschinenstillständen stehen telefonische Unterstützung und Ferndiagnose zur Verfügung. Die Systeme sind damit in vielen Fällen rasch wieder einsatzbereit. Ein weiteres Werkzeug ist der Live-Service: Der Anwender sendet seine Service-Anfrage online an die Vecoplan Service-Techniker. Sie können auf die Steuerung und das Bedienpanel zugreifen und in Echtzeit Fehler erkennen, analysieren, und beheben. Über Web-Cams lassen sich Live-Bilder übertragen und über Chat, Video- oder Telefon-Konferenz komplexe Sachverhalte klären. Zudem sind relevante Daten und Dokumente online verfügbar. Ebenso werden im Maintenance Manager alle Service-Maßnahmen aufgelistet.
Eine Lösung über zwei Etagen
Dass solche Anlagen über zwei Stockwerke installiert werden, ist nicht die Regel. Da die Halle Aber bereits bestand, wurde flexibel reagiert und diese Lösung gewählt. Trotzdem war die Anlage dank guter Planung im Vorfeld nach sieben Tagen montiert und wurde anschließend in Betrieb genommen. Anschließend bekamen die zuständigen Mitarbeiter noch eine Unterweisung zu allen Funktionen, das richtige Einstellen der Gegenmesser und das Tauschen der Schneidkronen.
Die Anlage ist seit August 2019 im Einsatz. „Mit dieser sehr effizienten Zerkleinerungstechnik können wir nicht nur deutlich Kosten sparen. Wir haben auch die Qualität des Output-Materials erhöht, die internen Arbeitsabläufe optimiert und die Produktivität gesteigert“, freut sich das Projektteam der RKW Agri. Und genau das wird immer wichtiger, denn die Anforderungen der Abnehmer an die unterschiedlichen Folien nehmen kontinuierlich zu.
„Der V-Eco ist stark genug, dass er auch die Drähte der Ballen sicher verarbeiten könnte“, sagt Cathrine Rekett Leiterin der Anwendungstechnik, „Aber ohne die Drähte ist der Verschleiß der Schneidwerkzeuge geringer, und das Ergebnis ist ein homogeneres Korn mit weniger Feinanteil. Dazu kommt der verbesserte Durchsatz.“ Womit sich der Kreis zur ersten Beobachtung in der Folienaufbereitung bei RKW Argi schließt.
Die RKW-Gruppe
Das Familienunternehmen zählt sich zu den weltweit führenden Herstellern von Folien und als Marktführer bei Hygiene- und Agrarfolien, Folien für die Getränkeindustrie und Verpackungen für pulvrige Güter. Weiterhin liefert das Unternehmen Folien und Vliesstoffe für Medizinanwendungen, für die chemische und weiterverarbeitende Industrie sowie für den Bausektor. Für das Geschäftsjahr 2018 wurden 878 Millionen Euro Umsatz und etwa 3000 Mitarbeiter an weltweit 20 Standorten gemeldet. Der Durchsatz lag bei 367 000 Tonnen Kunststoffen.