Hochwertige Spritzgießteile
Spritzgießen mit Blick ins Werkzeug
Matchmaker+
Komplexe Konturen und große Unterschiede in den Wanddicken: Das sind aktuelle Trends bei Spritzgusskomponenten, die wiederum von allgemeinen Technik-Trends wie Leichtbauweise und Funktionsintegration getrieben werden. Unter diesen Bedingungen wird es für den Spritzgießer immer wichtiger, die Vorgänge im Werkzeug zu erfassen. Hier gilt es sicherzustellen, dass die Form auch an kritischen Stellen vollständig gefüllt ist und dass die Werkzeugkühlung ausgewogene Temperaturverhältnisse an dick- und dünnwandigen Stellen gewährleistet, damit es beim Abkühlen nicht zu Bauteilverzug kommt.
Mit modernen Simulationsmethoden kann man diese Vorgänge zwar modellieren und die Baueile im Vorfeld entsprechend optimieren – ob das Ergebnis im Einzelfall den Vorgaben und den Simulationen entspricht, lässt sich jedoch kaum beurteilen. Denn den Möglichkeiten der Messwertgenerierung in der Form sind enge Grenzen gesetzt, so dass man sich meist mit indirekten Parametern über die Maschinensteuerung behelfen muss.
Hochwertige Funktionsbauteile vorwiegend aus Polyamiden produziert die Weiss Kunststoffverarbeitung. In der Vergangenheit stieß man häufiger an die Einsatzgrenzen dieses Werkstoffs. Ein schon vor zwei Jahren gestartetes Projekt hatte das Ziel, die zentralen Parameter des Drucks und der Temperaturverhältnisse möglichst nah am Prozess zu erfassen. Die besondere Herausforderung bestand in der Auswahl der dazu geeigneten Sensorik und ihrer Integration in das Werkzeug.
Nach umfassenden Versuchen mit verschiedenen Sensortypen entschied man sich für integrierte Druck- und Temperatursensoren zum Einbau in das erste Werkzeug. Sie erfassen beispielsweise, ob die Schmelze auch in den dünnwandigen Bereichen die Form vollständig ausfüllt. Solche qualitätsrelevanten Merkmale lassen sich durch indirekte Messungen, beispielsweise des Hydraulikdrucks nicht mit hinreichender Genauigkeit erfassen.
Mit dieser Innovation auf der „Hardware“-Seite war die Arbeit aber noch nicht beendet. Erst durch die Integration der Sensorik in die Steuerungstechnik der Maschine lassen sich die Vorteile der Inline-Messwerterfassung voll ausschöpfen. Während des Einspritzens werden Druck- und Temperaturverlauf aufgezeichnet. Mit diesen Werten kann man das Formnest quasi abtasten und Einblick in die Form nehmen. Das ist besonders in filigranen Bereichen, die in der Simulation als kritisch erkannt wurden, ein immenser Fortschritt.
Zudem erlaubt das neue Verfahren das Optimieren der Fahrweise der Anlagen, was der Prozessstabilität, der Qualität und den Kosten zugute kommt. Um die neue Mess- und Regelungstechnik bestmöglich in den automatisierten Produktions- und Qualitätssicherungsprozess einzubinden, wurden auch die Entnahmeroboter steuerungstechnisch eingebunden: Wenn die gemessenen Temperatur- bzw. Druckwerte nicht mehr im Toleranzbereich liegen, werden die Teile in den Ausschuss gegeben – und zwar der komplette „Schuss“. Wenn dies mehrfach hintereinander vorkommt, gibt die Maschine eine Störmeldung an die Leitwarte, so dass das Personal im Betrieb nach der Ursache forschen kann. Die Messwerte werden gespeichert und stehen auf Wunsch als Dokumentation zur Verfügung.
Die Inline-Messung in der Kavität wird im ersten Schritt für anspruchsvolle Bauteile wie besonders dünnwandige und dickwandige Konturen eingesetzt. Auch Sicherheitsbauteile für die Automobilindustrie sind eine prädestinierte Anwendung. Teile, die die Qualitätsanforderungen nicht erfüllen, werden sofort ausgeschleust, und es ist sichergestellt, dass alle gelieferten Komponenten unter definierten Prozessparametern produziert wurden. Der „Blick ins Werkzeug“ gibt dem Anwender somit die Gewissheit, dass auch bei komplexen Bauteilen sehr anspruchsvolle Qualitätsvorgaben der Kunden erfüllt werden.